Mehr

Pogacar geschlagen: Van der Poel gewinnt packendes Sanremo-Gigantenduell

Mathieu van der Poel bejubelt den Sieg bei Mailand-Sanremo.
Mathieu van der Poel bejubelt den Sieg bei Mailand-Sanremo.MARCO BERTORELLO/AFP
Mathieu van der Poel schlug die Hände vors Gesicht und versank dann in den Armen seiner Freundin Roxanne, während Tadej Pogacar auf der Via Roma frustriert davon radelte. Der niederländische Ex-Weltmeister hat das hochdramatische Duell der Radsport-Giganten gegen den slowenischen Weltmeister gewonnen und zum zweiten Mal bei Mailand-Sanremo triumphiert. Für den siegverwöhnten Pogacar bleibt damit ein Karrierewunsch unerreicht - der Primavera-Sieg fehlt ihm weiter.

"Es ist schwer zu begreifen", sagte van der Poel im Ziel: "Hier zu gewinnen, ist an sich schon unglaublich. Aber das gegen zwei so großartige Gegner zu schaffen, macht es einfach großartig." Zwischen "MvdP" und Pogacar, die sich im Finale nach allen Regeln der Kunst beharkt hatten, schob sich auf der Zielgeraden noch der Italiener Filippo Ganna, Olympiasieger auf der Bahn und zweimaliger Zeitfahr-Weltmeister.

Nach 289 km der 116. Auflage des längsten Klassikers, die bei Regen und eisiger Kälte südlich von Mailand begonnen hatte, war das Kraftpaket van der Poel (Alpecin-Deceuninck) im Finale wie erwartet der schnellere und siegte nach 6:22:53 Stunden wie schon 2023 auf der Prachtmeile von San Remo. "Am Anfang habe ich mich fürchterlich gefühlt, am Meer ging es dann", sagte van der Poel. Dessen Teamkollege Jasper Philipsen, der im Vorjahr gewonnen hatte, war diesmal als Folge eines Rennsturzes unter der Woche chancenlos.

Pogacar (UAE Team Emirates) hatte am Poggio-Anstieg kurz vor dem Ziel mehrmals attackiert, konnte aber seinen großen Rivalen nicht abschütteln. Schon im Vorjahr war der 26-Jährige Dritter geworden, davor Fünfter (2022) und Vierter (2023). Im Finale wirkte Pogacar nicht so frisch wie gewohnt, der Mann im Regenbogentrikot war zwei Wochen zuvor bei seinem Strade-Bianche-Sieg gestürzt und hatte sich üble Schürfwunden zugezogen.

Für van der Poel war es nach drei Siegen bei der Flandern-Rundfahrt und zwei Erfolgen bei Paris-Roubaix der siebte Erfolg bei einem der fünf Radsport-Monumente. Im Gegensatz zu Pogacar hat er noch nicht bei Lüttich-Bastogne-Lüttich und der Lombardei-Rundfahrt triumphiert.

Foto-Finish am Poggio

Auf den ersten rund 200 Kilometern hinunter ans Mittelmeer und die Küste entlang Richtung Westen tat sich das Übliche: nicht viel. Die obligatorische Ausreißergruppe formierte sich früh, die Teams mit den Favoriten hielten sich über Stunden zurück - seit 1991 hat sich kein Ausreißer den Sieg gesichert.

Erst auf der Anfahrt zur Cipressa kam reichlich Bewegung ins Rennen, Pogacar machte mit seinem UAE-Team, das Rennen an der Spitze brutal schnell - und attackierte dann rund 24 km vor dem Ziel am neuralgischen Anstieg. An der Cipressa hatte letztmals 1996 ein Angriff Erfolg, und auch Pogacar kam diesmal nicht alleine weg, van der Poel blieb an seinem Hinterrad, auch Ganna kam mit.

Am Poggio versuchte es Pogacar ein ums andere Mal, nur Ganna verlor zeitweise den Anschluss. Van der Poel blieb ruhig und setzte auf einen langen Zielsprint. "Das war die richtige Taktik", sagte er.