Wenn der unentschlossene Fernsehzuschauer in diesen Tagen durch das Nachmittagsprogramm zappt, dann dürfte er irgendwann auch auf Nils Politt stoßen. Der Kölner Radprofi verdient sich bei der Tour de France an der Spitze des Pelotons mit Fleißarbeit für den Superstar Tadej Pogacar stundenlange Sendezeit.
"Es macht riesigen Spaß, für so einen Kapitän die Körner auf der Straße liegenzulassen", sagte Edelhelfer Politt am ARD-Mikrofon, "für einen der weltbesten Fahrer, die wir jemals hatten. Es ist etwas Besonderes." Pogacar wisse es "zu schätzen, was das ganze Team für ihn leistet", lobte der 31-Jährige.

Pogacar adelt Politt: Vielleicht "der Beste in seinem Job"
Der slowenische Titelverteidiger weiß genau, was er an seinem deutschen Teamkollegen hat. "Ich bin wirklich froh, ihn zu haben", schwärmte Pogacar: "Nils Politt ist ein Unikat!"
Mit seiner Größe von 1,92 Metern bringt Politt Gardemaß für seine Rolle mit: das Tempo im Peloton bestimmen, beliebig erhöhen, Ausreißer einfangen und dabei möglichst viel Windschatten spenden – vor allem auf den flachen Abschnitten.
Politt mache das "unglaublich", führte Pogacar aus: "Er ist super smart. Wenn es darauf ankommt, zeigt er immer, dass er einer der besten Helfer der Welt ist, wenn nicht sogar der Beste in seinem Job."
In der ersten Woche führte Politt das Hauptfeld stundenlang durch die flachen und hügeligen Regionen Nordfrankreichs. Auch dank seiner Nachführarbeit eroberte Pogacar am Freitag an der gefürchteten Mûr-de-Bretagne das Gelbe Trikot zurück. Vor der ersten Etappe in den Bergen am Montag durfte Politt am Wochenende etwas durchschnaufen.
Doch wenn es ins Zentralmassiv geht, ist Politt erneut gefordert. "Dann heißt es noch einmal alles raushauen vor dem Ruhetag", sagte der deutsche Meister von 2022, der höchstwahrscheinlich mit seinen kräftigen Tritten wieder das Tempo in den flachen Abschnitten kontrollieren, das Feld anführen und im Mittelpunkt stehen wird - bis die Beine irgendwann nicht mehr können.
Sturz von Teamkollege Almeida
Dass Politt bis zur Selbstaufgabe fahren kann, bewies er im vergangenen Jahr, als er mit einer heroischen Leistung Pogacar sogar auf den legendären Tourmalet in den Pyrenäen hinauf half. Auch in diesem Jahr geht es den Tour-Riesen wieder hoch – mit Politt an der Spitze des Pelotons?
In den letzten zwei Wochen könnte auf Politt noch mehr Arbeit zukommen. Pogacars wichtigster Berghelfer Joao Almeida erlitt bei einem Sturz einen Rippenbruch.
Wie lange der Portugiese durchhält, muss sich zeigen. Politt, der sich im UAE-Team von einem ambitionierten Zeit- und Klassikerfahrer zu einem wichtigen Tour-Helfer entwickelt hat, dürfte bei einem Ausfall Almeidas noch wichtiger für Pogacar werden.