Alexander Zverev: Stetige Verbesserung ohne i-Tüpfelchen
Es sollte doch eigentlich das Jahr des Alexander Zverev werden und in gewisser Weise war es das auch. Mit 69 Siegen hat er noch nie so viele Matches in einer Saison gewonnen. Nur Jannik Sinner war in dieser Hinsicht besser, und auf Platz 2 der Weltrangliste schloss er so hoch ab, wie noch nie. Und dennoch bleibt da dieser eine Makel des fehlenden Grand Slam-Titels.
Zweimal war der Hamburger nah dran. Bei den Australian Open scheiterte er im Halbfinale in fünf Sätzen an Daniil Medvedev. Wenige Monate später sah er im Endspiel der French Open nach einer Leistungssteigerung im dritten Satz und einer 2:1-Satzführung gegen Carlos Alcaraz schon wie der Sieger aus, bevor er dann komplett einbrach. Dazu hat sich mit Taylor Fritz, gegen den er im Achtelfinale in Wimbledon, im Viertelfinale der US Open sowie im Halbfinale der ATP Tour Finals jeweils ausschied, ein wahrer Angstgegner entwickelt.
Immerhin kann er sich mit zwei Masters-Titeln in Rom und Paris darüber hinwegtrösten. Auf ATP 1000-Level ist Zverev inzwischen einer der erfolgreichsten Spieler aller Zeiten. Auch ohne ganz großen Pokal war es das beste Jahr des 27-Jährigen in seiner Karriere - es machte sich bezahlt, dass er sein Spiel umgestellt hat. Seine Vorhand spielt er aggressiver, womit er mehr Ballwechsel diktieren kann und der Ballwurf beim Aufschlag ist deutlich niedriger, womit er seine Aufschlagspiele sicherer durchbringt.
Der Grund, warum es noch nie mit einem Titel bei einem Grand Slam geklappt hat, wird bei einem Blick auf die Statistik deutlich. Gegen Top 50-Spieler hat er eine Bilanz von 43 Siegen und 18 Niederlagen, gegen Top 20-Spieler allerdings nur 19 Siege, dagegen 15 Niederlagen.
Jan-Lennard Struff: Endlich Silberware
Den dritten ATP-Titel des Jahres für den DTB errang Jan-Lennard Struff, als er in München triumphierte. Das Jahr begann er auf Platz 25 in der Weltrangliste und insgesamt holte er 30 Siege. Es war klar, dass es schwer werden wird, seine starken Ergebnisse auf Sand aus 2023, wie das Finale in Madrid oder das Achtelfinale in Monte Carlo, zu wiederholen. Aber insgesamt hat sich der Warsteiner auf hohem Niveau stabilisiert.
Auch wenn er so manch unnötige Niederlage kassiert hat, konnte er starke Gegner wie Stefanos Tsitsipas oder Lorenzo Musetti besiegen. Auch bei seiner Aufschlagstatistik konnte er sich enorm verbessern. Mit Platz 42 in der Weltrangliste bewegt er sich in dem Rahmen, der wohl seiner Leistungsstärke entspricht und er ist seit nunmehr einigen Jahren der einzige Spieler neben Alexander Zverev, der konstant in den Top 50 bleiben kann.
Daniel Altmaier: Es fehlen die Hochs
Genau das hatte man eigentlich auch Daniel Altmaier zugetraut, der die letzte Saison auf Platz 56 beendet hat, mit Tendenz nach oben. Leider schlug er genau die entgegengesetzte Richtung ein. Auch er hat 30 Siege vorzuweisen, aber fast die Hälfte davon fuhr er auf der Challenger-Tour ein, den Rest in ersten oder zweiten Runden auf der ATP-Tour. Insgesamt war er selbst nicht zufrieden mit seiner Saison, wie der Kempener unlängst in einem Interview zugab.
Es fehlen Siege gegen große Gegner und Überraschungen, wie es beispielsweise im Vorjahr in der ersten Runde der French Open gelungen war, als er Jannik Sinner niederrang. Immerhin wusste er im Davis Cup mit guten Leistungen zu überzeugen, auf denen er nun aufbauen möchte. Damit dies auch gelingt, hat er sich ein neues Trainerteam zusammengestellt, mit dem er sein unbestritten vorhandenes Talent endlich ausschöpfen möchte.
Yannick Hanfmann: Mit Konstanz in die Top 50?
Viel Talent besitzt auch Yannick Hanfmann, aber auch bei ihm hat man immer den Eindruck, dass er das nicht voll zeigen kann und manchmal auch nicht zeigen will. Denn er gönnte sich immer wieder kleinere Pausen. Auf Platz 51 in der Weltrangliste startend, verlief 2024 seiner Meinung nach mit insgesamt nur 24 Siegen zufriedenstellend. Immer wieder konnte er bei teilweise großen Turnieren gute Ergebnisse abliefern, wie die dritte Runde in Miami oder jeweils das Halbfinale in Kitzbühel und Chengdu.
Dennoch reichte es am Ende des Jahres nur zu Platz 96 in der Weltrangliste, was daran lag, dass er insgesamt weniger konstant auftrat. Vor allem das Saisonende war für den Karlsruher mit fünf Erstrundenniederlagen am Stück bei ATP-Turnieren frustrierend.
Dominik Koepfer: Hoffen auf Gesundheit
Mit einem ähnlichen Problem hatte auch Dominik Koepfer zu kämpfen, der mit Rang 102 nun 25 Plätze schlechter dasteht, als noch vor einem Jahr. Zwar hat er insgesamt fünf seiner 21 Siege gegen Top 20-Spieler geholt. Dazwischen schlichen sich jedoch immer wieder sehr ärgerliche Pleiten gegen Top 100-Gegner ein. Aktuell gilt Koepfer als ein Spieler, der immer wieder für eine Überraschung gut ist, der aber nie Konstanz in sein Spiel bringen kann.
Das war vielleicht auch nicht möglich, denn der häufig angeschlagene Arm machte abermals Ärger. Nach seinem Titel beim Challenger in Canberra zu Beginn der Saison und seinem Achtelfinale beim Masters in Miami im März musste er immer wieder pausieren und beendete die Saison dann bereits im Oktober. Wenn er im nächsten Jahr verletzungsfrei bleiben kann, dürfen wir uns hier eventuell mehr erwarten.
Maximilian Marterer: Absturz in der Weltrangliste
Einen wahren Absturz hat dagegen Maximilian Marterer erlebt, der im Vorjahr noch auf Platz 91 stand. Nach einem schwachen Jahr ist er bis auf Rang 185 abgerutscht, nur vier seiner 22 Siege hat er in einem Hauptfeld auf der ATP-Tour geholt. Seine Bilanz gegen Top 100-Spieler ist mit vier Siegen gegenüber 16 Niederlagen auch nicht sonderlich erhellend. Dazu hat er nach den US Open nur noch vier Matches gewonnen.
Zwei dieser Siege holte der Nürnberger im Davis Cup. Dennoch wird ihm zugute gehalten, dass er in diesem Zeitraum gegen teilweise starke Gegner wie Yoshihito Nishioka, Alejandro Tabilo, Alexandre Müller oder Stan Wawrinka antreten musste, wenn auch teilweise nur bei Challengers. Dennoch hat er die Saison insgesamt verpatzt. Ihm bleibt nun in der Off-Season Zeit, die Lehren daraus zu ziehen und dann wieder voll anzugreifen.
Fazit: Nicht alles ist rosig, aber die Zukunft könnte es sein
Insgesamt sieht die Situation bei den Herren nicht so rosig aus. Eventuell kann man Henri Squire als ein Lichtblick in dieser Saison bezeichnen. Bei den French Open hat der Duisburger völlig unerwartet als Qualifikant die zweite Runde erreicht. Aber es fehlt die Erfahrung auf ganz hohem Niveau und es ist ungewiss, ob die aktuelle Nummer 178 der Weltrangliste noch einen weiteren Sprung nach vorne machen kann.
Diesen kann man dagegen von Justin Engel erwarten. Mit seinen erst 17 Jahren hat er am Ende der Saison in Almaty mit einer Wildcard seinen ersten Sieg bei einem ATP-Turnier im Hauptfeld eingefahren. Nun muss er den steinigen Weg bis zumindest in die Top 200 gehen, denn davon ist er noch weit entfernt. Das ist allerdings das nächste Ziel des wohl größten deutschen Tennistalentes der letzten Jahre.