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Kroos-Freude und Hawk-Eye-Frust: Zverevs Wechselbad in Madrid

Alexander Zverev beschwert sich beim Umpire.
Alexander Zverev beschwert sich beim Umpire.ČTK / AP / Manu Fernandez
Für Alexander Zverev wird es beim ATP-Masters in Madrid sportlich ernst. Kontroversen erzeugt vor dem Achtelfinale aber vor allem die Hawk-Eye-Technologie.

Als Alexander Zverev seinem Kumpel Toni Kroos in die Arme fiel, konnte er schon wieder lächeln. Der Ärger über das Hawk-Eye, der Zverev Minuten zuvor zu einem kuriosen Handyfoto-Beweis inspiriert hatte? Im Angesicht eines handsignierten Trikots von Real Madrid zumindest vorerst verraucht. Die schwelenden Diskussionen um das elektronische Hilfsmittel im Profitennis heizte der Weltranglistenzweite in Spaniens Hauptstadt aber weiter an.

"Ich bin grundsätzlich ein Fan des Systems. Und es hat bislang auch immer korrekt funktioniert", erklärte Zverev nach dem Dreisatzerfolg über den Spanier Alejandro Davidovich Fokina, den 2014er-Weltmeister Kroos in der Box des Hamburgers verfolgt hatte: "Aber diesmal war der Ball eben bestimmt vier oder fünf Zentimeter im Aus." Weshalb der schwer genervte Zverev kurz zuvor zu einer ungewöhnlichen Maßnahme gegriffen hatte.

Bei einem knappen Ball des Gegners gegen Ende des zweiten Satzes zeigte das System eine Berührung der Linie - Zverev aber war sich sicher, dass der Ball klar im Aus war. Kurzerhand zückte er sein Handy, um den Ballabdruck im Sand zu fotografieren und nahm die Verwarnung dafür billigend in Kauf. Immerhin ließ sich der Deutsche nur kurz aus dem Rhythmus bringen und sicherte sich den Einzug ins Achtelfinale, das er am Dienstag (Sky) gegen den formstarken Sandplatzexperten Francisco Cerúndolo aus Argentinien bestreitet.

Match-Center: Alexander Zverev vs. Alejandro Davidovich Fokina

Das sei einfach "nicht normal" gewesen, erklärte Zverev später seinen Hawk-Eye-Frust und postete sein "Beweisfoto" in den Sozialen Netzwerken. Er hoffe, um eine Strafe für sein leicht kindisch anmutendes Verhalten herumzukommen. Weil er ja Recht gehabt habe.

Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass das Electronic Line Calling, wie das System korrekt heißt, für Diskussionen sorgt. Eva Lys postete nach ihrem Zweitrundenaus in Madrid ebenfalls ein Abdruckfoto und folgte damit dem Trend, den die Weltranglistenerste Aryna Sabalenka im April begründet hatte - die einstige Branchenführerin Viktoria Asarenka (Belarus) bezeichnete das Hawk-Eye im März als "Scheiß-System".

Zverev-Formtest am Dienstag

2007 erstmals genutzt und seither stetig weiterentwickelt ist das Electronic Line Calling seit dieser Saison flächendeckend bei allen ATP-Turnieren im Einsatz - auch auf Sand, wo die Schiedsrichter zuletzt noch ab und an von ihren Stühlen herabkletterten, um Ballabdrücke zu begutachten. Bis zu zwölf Hochgeschwindigkeitskameras nehmen dabei Hunderte Bilder pro Sekunde auf, um korrekte "Linienrichterentscheidungen" in Echtzeit zu ermöglichen. So weit die Theorie. Nur kommt es tatsächlich noch gelegentlich zu Fehlern.

Zverev jedenfalls war sich sicher, dass das System bei der kontroversen Szene am Sonntag "defekt" gewesen sei. Und doch dürfte gerade der Hamburger einsehen, dass ein Zurück nicht die Lösung sein kann, weil das Hawk-Eye trotz kleinerer Probleme schlichtweg die Gesamtanzahl an Fehlern verringert. Im Finale der French Open vergangenes Jahr war Zverev eine Fehlentscheidung in der entscheidenden Matchphase zum Verhängnis geworden - getroffen von einem Unparteiischen statt von der Technik.

Ohnehin gilt es für den 28-Jährigen den Fokus aufs Sportliche zu legen. Nach seiner wackeligen Leistung gegen Davidovich Fokina wartet gegen Cerúndolo nämlich ein weiterer Formtest. Der Weltranglisten-21. aus Argentinien ist ein ausgewiesener Sandplatzexperte und hat den Deutschen auf diesem Belag im Februar in Buenos Aires besiegt.

Match-Center: Alexander Zverev vs. Francisco Cerundolo

Zverev wird sich steigern müssen, doch er verfügt auf der Jagd nach seinem 25. Profititel über eine Extra-Motivationshilfe. Kumpel Kroos, der im Tausch für sein Trikot einen Schläger des Tennisstars mit nach Hause nahm, will in einem möglichen Halbfinale wieder als Edel-Maskottchen dabei sein.