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Champagner-Rausch statt Tequila-Tal: Sabalenka hat ihre Lektion gelernt

Sabalenka und ihre neueste Trophäe
Sabalenka und ihre neueste TrophäeTIMOTHY A.CLARY / AFP
Aryna Sabalenka hat nach einer tränenreichen Saison einen erlösenden Finalsieg bei den US Open gefeiert. Die unterlegene Amanda Anisimova war hingegen erneut am Boden zerstört.

Man bringe den Schaumwein!

Aryna Sabalenka wirkte unbedingt angriffsbereit: Mit schwarzer Skibrille auf dem Kopf und entkorkter Schaumweinflasche in der Hand marschierte die alte und neuen Königin von Queens donnernd lachend in die Pressekonferenz.

Nach kurzer Final-Analyse stürzte sich die US-Open-Siegerin dann im klugerdings mit Plastikfolie ausgekleideten Nebenraum in das, was als größte Champagner-Schlacht in die Geschichte von Flushing Meadows einging. Nach vielen Tränen in einem schwierigen Jahr gab sich Sabalenka schierem Freudentaumel hin.

"Dieser Sieg bedeutet sehr viel für mich", sagte die 27-Jährige, die nach dem 6:3, 7:6 (7:3) in einem teilweise wilden Endspiel gegen die US-Amerikanerin Amanda Anisimova vor 24.000 Zuschauern im Arthur Ashe Stadium überwältigt zu Boden gesunken war.

Auf dem Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung und zum gigantischen Siegercheck über fünf Millionen habe sie "wirklich harte Lektionen gelernt. Und nun fühlt es sich einfach wunderbar an."

Lektion gelernt

Nach der härtesten dieser Lektionen hatte Sabalenka drei Monate zuvor ebenfalls eine denkwürdige Pressekonferenz abgehalten. Die Final-Niederlage gegen Coco Gauff bei den French Open war ihr persönlicher Tiefpunkt: 70 Unforced Errors, Tränen, Ärger, Verbalattacken gegen Gauff und der lautstark geäußerte Wunsch nach Frust-Tequila.

Und auch zuvor bei den Australian Open hatte sie sich bei der Final-Pleite gegen Madison Keys nicht im Griff gehabt. "In diesen beiden Endspielen habe ich völlig die Kontrolle über meine Emotionen verloren. Ich wollte einfach, dass mir das nicht noch einmal passiert", sagte die Weltranglistenerste.

Ein Buch habe sie sich nach ihrer Roland-Garros-Kernschmelze auf Anraten ihres Performance-Coaches Jason Stacy besorgt: "Into The Magic Shop". Dort beschreibt der Neurochirurg James R. Doty die verblüffenden Herz-Hirn-Verbindungen.

"Das hat mir geholfen, fokussiert zu bleiben", sagte Sabalenka. In Wimbledon scheiterte sie noch im Halbfinale überraschend wie unnötig an eben jener Anisimova, zwei Monate später aber wirkte sie nach ihrem vierten Major-Titel aber wie runderneuert: "Es war einfach an der Zeit, aus den Niederlagen zu lernen."

Match-Center: Sabalenka vs. Anisimova

Ist Sabalenka jetzt unschlagbar?

Wenige Stunden nach der martialischen Edelbrause-Battle hatte Sabalenka ihre silberne Trainingsjacke gegen ein preziöses rosa Abendkleid getauscht und posierte mit der funkelnden Trophäe aus den Händen der Luxus-Juweliere von Tiffany. "Es fühlt sich nun wirklich so an, als habe ich eine Menge überwinden müssen, um hierhin zu gelangen", sagte sie, sie habe einen Schlüssel gefunden.

Die Konkurrenz wird dies mit Magengrummeln vernehmen. Physisch ist Sabalenka ohnehin das Maß aller Dinge, eine Urgewalt. Nur: Ihre vielen PS konnte sie bislang nicht immer auf die Straße beziehungsweise den Platz bringen. Gelingt ihr die Feinjustierung – spielerisch wie mental – ist sie kaum schlagbar.

Anisimova übt harte Selbst-Kritik

Während Sabalenka dauerfrohlockte, schluchzte die unterlegene Anisimova Handtuch um Handtuch nass. Wie schon in Wimbledon war sie überraschend ins Finale eingezogen, wie schon in London platzte der Traum vom ganz großen Coup – auch wenn die 24-Jährige diesmal nicht so fürchterlich auseinandergenommen wurde wie beim 0:6, 0:6 gegen Iga Swiatek.

"Es war ein großartiger Sommer mit zwei Grand-Slam-Finals. Aber beide zu verlieren, ist hart", sagte Anisimova, sie habe "nicht genug für meine Träume gekämpft". Auch sie müsse ihre Lektionen lernen – Sabalenka hat da vielleicht einen Buchtipp.

Des einen Freud, des anderen Leid
Des einen Freud, des anderen LeidTIMOTHY A.CLARY / AFP