Jannik Sinner bat im klassischen schwarzen Anzug galant zum Tanz. Tief in der Londoner Nacht führte der neue König von Wimbledon seine Thronpartnerin Iga Swiatek auf das Parkett und schweifte mit der Polin beim Champions Dinner gekonnt und mit breitem Grinsen über die Tanzfläche.
Wenige Stunden nach seiner Tennis-Show gegen Carlos Alcaraz hatte sich Sinner noch etwas vor der Tradition des Rasen-Klassikers gefürchtet. "Das ist ein Problem. Ich bin nicht wirklich gut im Tanzen. Aber komm schon. Ich kann das", sagte der Weltranglistenerste.
Schließlich hat er auch seine letzte Prüfung an einem besonderen Tag im All England Club mit Bravour bewältigt. Ähnlich elegant war er zuvor auch über den heiligen Rasen geschwebt.
Sinner will sich "noch verbessern"
Mit einer Weltklasse-Vorstellung gegen Alcaraz hatte Sinner sich erstmals die Krone beim bedeutendsten Tennisturnier der Welt aufgesetzt und seinen vierten Grand-Slam-Titel gewonnen.
Es war das nächste Kapitel einer besonderen Rivalität mit Alcaraz, der zuvor fünfmal in Folge gegen Sinner gewonnen hatte – nach 20 Siegen und zwei Titeln in Folge im Südwesten Londons aber diesmal in vier Sätzen dem besseren Spieler den Vortritt lassen musste.
Die vergangenen sieben Major-Titel haben die Ausnahmeathleten unter sich aufgeteilt, ein Ende der Dominanz scheint nicht in Sicht. "Ich glaube nicht, schon auf meinem besten Level zu sein", formulierte Sinner unbeabsichtigt eine Drohung: "Hoffentlich kann ich mich noch verbessern."
Fruchtbare Rivalität mit Alcaraz
Dafür sei es wichtig, jemanden wie Alcaraz als ebenbürtigen Rivalen zu haben, sagte Sinner. Fünf Wochen nach seiner niederschmetternden Niederlage im epischen French-Open-Finale schlug der Südtiroler zurück und nahm erfolgreich Revanche. Für die spanische Marca bestätigte der Triumph von Sinner "endgültig die neue große Rivalität des Tennissports". Und diese fängt gerade erst an.
"Jedes Mal, wenn wir gegeneinander spielen, ist unser Niveau wirklich hoch. Ich glaube, so ein Niveau sieht man sonst nicht", sagte der zweimalige Turniersieger Alcaraz. Die Rivalität mit Sinner werde "immer besser", betonte der Spanier.
Nach dem Ende der Ära der "Big Three" – Novak Djokovic, Rafael Nadal und Roger Federer – sind es Sinner und Alcaraz, die sich anschicken, den Tennissport auf lange Zeit zu dominieren.

ATP-Ranking: Jannik und Carlitos eine Klasse für sich
Die beiden sind bereits enteilt. Neben der Dominanz bei Grand-Slam-Turnieren ist auch der Vorsprung in der Weltrangliste groß: Deutschlands Alexander Zverev auf Platz drei liegt über 2.500 Punkte hinter Alcaraz und über 6.000 (!) Punkte hinter Sinner. Und das, obwohl der Italiener im Frühjahr eine dreimonatige Dopingsperre absaß.

Es sei emotional und für die Motivation wichtig, "wenn es jemanden gibt, der jung ist und quasi alles gewinnt. Du musst bereit sein, um mithalten zu können", sagte Sinner, der zwischen Finalsieg und Champions Dinner bereits einen Termin- und Medienmarathon zu bewältigen hatte – aber stets höflich und zuvorkommend blieb.
Für Prinz George und Prinzessin Charlotte signierte er vor ihren Eltern William und Kate Tennisbälle, andächtig sah er sich seinen Namen auf der Champions-Tafel in den Katakomben des Centre Courts an. Die glitzernde Wimbledon-Trophäe nahm er dabei nie aus der Hand - bis er zum Tanz bat.