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Terminstress in Wimbledon: Siegemunds Tanz auf drei Hochzeiten

Laura Siegemund feiert sich und ihren Erfolg.
Laura Siegemund feiert sich und ihren Erfolg.ČTK / imago sportfotodienst / Juergen Hasenkopf
Laura Siegemund ist die letzte verbliebene deutsche Hoffnungsträgerin in Wimbledon. Das Einzel sieht sie trotz ihres Erfolgslaufs als Bonus.

Laura Siegemund ist gemütlich geworden. Zumindest außerhalb des Tennisplatzes. "Ich bin nicht hier, um mir London anzuschauen. Sondern um Matches zu spielen", sagte die letzte verbliebene Deutsche beim Rasen-Klassiker in Wimbledon. Sie sitze "lieber abends auf der Terrasse", lese ein Buch und freue sich darüber "wie ein Schnitzel". Das komme einfach "mit dem Alter", sagte Siegemund - Zeit für Sightseeing bliebe ihr ohnehin kaum.

Denn mit 37 Jahren spielt die Schwäbin in der britischen Metropole wie gewohnt drei Wettbewerbe, ihr unerwarteter Lauf bis in die dritte Runde im Einzel bringt sie deshalb in Terminstress. "Ich hätte auch nicht damit gerechnet, dass ich noch so weit drin bin im Einzel", sagte sie ehrlich, "jetzt ist es so. Das nehme ich mit."

Vor ihrer Drittrundenpartie am Freitag gegen Australian-Open-Champion Madison Keys (USA) gab es für Siegemund immerhin eine Verschnaufpause, ihr für Donnerstag angesetztes Doppel an der Seite der Brasilianerin Beatriz Haddad Maia wurde auf Freitagnachmittag verlegt. Sie bestreitet also zwei Spiele an einem Tag. Dazu startet der Mixed-Wettbewerb, den sie zusammen mit dem Franzosen Édouard Roger-Vasselin bestreitet, am Freitag.

Siegemund sieht das Einzel deshalb als "Sahnehäubchen", an der Church Road steht sie erstmals in der dritten Runde. Nach dem Aus von Eva Lys in der zweiten Runde und den Niederlagen von Tatjana Maria und Ella Seidel zum Auftakt ist sie die letzte verbliebene deutsche Hoffnungsträgerin.

"In Ruhe Gedanken" machen

Es sei schön, auch in diesem Alter noch Premieren zu feiern, sagte Siegemund nach ihrem überraschenden, aber hochverdienten 6:2, 6:3-Erfolg gegen die frühere US-Open-Finalistin Leylah Fernandez: "Das ist nochmal mehr Motivation, wenn du weißt, du kannst noch Sachen erreichen, die du vorher nicht erreicht hast."

Der Drittrundeneinzug sei für sie deshalb auch eine Belohnung. Ihr Fokus hat sich längst verschoben, im Doppel und Mixed ist sie dreimalige Grand-Slam-Gewinnerin, doch für das Ende ihrer Einzelkarriere ist sie einfach zu gut. Immer wieder verhindern Ausreißer nach oben - wie jetzt in Wimbledon - ihr Abrutschen in der Weltrangliste. Die dritte Runde bringt ihr wieder wichtige Punkte und zudem 152.000 Pfund (ca. 177.000 Euro) Preisgeld.

Die unermüdliche Siegemund, die 2016 (Bastad) und 2017 (Stuttgart) auf Sand ihre bislang einzigen Turniere gewonnen hat, geht nun völlig ohne Druck in den Kracher gegen Keys. Die US-Amerikanerin dürfe man "nicht an den Drücker" lassen, sagte Siegemund. Über die Weltranglistenachte werde sie sich noch "in Ruhe Gedanken" machen. Und sowieso: Im Kampf um die nächste Überraschung in ihrem Bonus-Wettbewerb, sagte Siegemund, will sie "ganz locker aufspielen".