Champions League-Preview: Eintracht Frankfurt empfängt Italiens Tabellenführer

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Champions League-Preview: Eintracht Frankfurt empfängt Italiens Tabellenführer
Aktualisiert
Den 1. November 2022 haben Eintracht-Fans in bester Erinnerung
Den 1. November 2022 haben Eintracht-Fans in bester ErinnerungProfimedia
Am Dienstag um 21 Uhr beginnt im Deutsche Bank Park ein für Eintracht Frankfurt historisches Duell. Zum ersten Mal in der Vereinshistorie steht die SGE im Achtelfinale der Champions League. Es kommt zum Aufeinandertreffen mit jener Mannschaft, die im Herbst noch ganz Europa fasziniert hat, in der CL-Gruppenphase mit 20 Treffern die offensivstärkste Mannschaft war und aktuell mit 15 Punkten Vorsprung die Serie A anführt. Die SSC Napoli wird Frankfurt das Leben definitiv schwer machen.

Die Aufgabe für Frankfurts Defensive ist klar formuliert: Victor Osimhen und Khvicha Kvaratskhelia müssen gestoppt werden. Napolis Angriffsduo ist nicht nur der Schrecken jedes Rechtschreibprogramms — sondern mit gesamt 31 Treffern in Serie A und Champions League auch der Schrecken jeder Hintermannschaft. Während Osimhen vorzugsweise in der Liga trifft — verletzungsbedingt erzielte er nur eines seiner 19 Saisontore in der europäischen Königsklasse — trumpfte Kvaratskhelia sowohl national (10 Tore, 11 Vorlagen) als auch international (2 Tore, 3 Vorlagen) auf. Am Wochenende gewann der italienische Tabellenführer 2:0 in Sassuolo, beide Angreifer trafen je einmal. 

Luciano Spalletti weiß, was er an seinem nigerianisch-georgischen Angriffsduo hat. Osimhen hat sich zu einem kompletten Stürmer und perfekten Zielspieler entwickelt. Pfeilschnell, in seinen Aktionen sehr geradlinig, ein Schnitt von 1,03 Treffern von Partie. Am Aufbauspiel seiner Mannschaft beteiligt er sich aber kaum. Kvaratskhelia ist wesentlich aktiver am Geschehen beteiligt, behauptet die Kugel auch auf engstem Raum, neigt außerdem dazu, auch mal aus der Ferne abzuziehen. "Kvaradona", wie der georgische Dribbler von den Fans liebevoll getauft wurde, kreiert pro Partie durchschnittlich 4,97 gefährliche Torchancen. Einen besseren Wert können auch Spieler wie Vinicius Junior, Leroy Sané oder Mo Salah nicht aufweisen.

Der Name Khvicha Kvaratskhelia ist mittlerweile Fans auf der ganzen Welt ein Begriff
Der Name Khvicha Kvaratskhelia ist mittlerweile Fans auf der ganzen Welt ein BegriffAFP

Als Neapel im Sommer 10 Millionen Euro Ablöse an Dinamo Batumi überwies, waren einige Fans noch skeptisch. Kann ein 22-jähriger Georgier, der bislang vorwiegend in der russischen Liga gespielt hat, eine Vereinslegende wie Lorenzo Insigne ersetzen? Kvaratskhelia brachte die Zweifler auf Anhieb zum Verstummen. Napoli befindet sich in der Serie A klar auf Kurs Richtung Meistertitel, nach 23 Spieltagen hat das zweitplatzierte Inter bereits 15 Punkte Rückstand auf den Überraschungs-Tabellenführer.

Mehr als Osimhen und Khvicha

Spalletti möchte vom begehrten Scudetto noch nichts wissen. Größenwahn scheint für den 63-jährigen Maestro ein Fremdwort zu sein. Immer wieder ist er darum bemüht, den Ball flach zu halten, keine zu hohen Erwartungen aufkommen zu lassen. Nach dem gegen Sassuolo errungenen 20. Saisonsieg erklärte er gegenüber DAZN: "Im Allgemeinen haben wir heute eine gute Leistung gezeigt. Wir haben auch die letzten Spiele schon gewonnen, aber da noch mit etwas weniger Qualität. Heute Abend hingegen schienen wir in allen Belangen besser zu sein: beim Ballbesitz, im Umschaltspiel, insgesamt als Team. Ich kann sagen, dass wir eine großartige Leistung gezeigt haben. Aber wir müssen ruhig bleiben, sehr ruhig. Die Dinge, die wir können, müssen wir weiterhin gut erledigen."

Doch Napoli ist mehr als nur eine herausragende Offensivabteilung — die nicht ausschließlich aus Osimhen und Kvaratskhelia, sondern auch aus Spielern wie Lozano, Raspadori und Giovanni Simeone besteht. Unter Spalletti hat sich der zweifache italienische Meister in allen Mannschaftsteilen weiterentwickelt.

In der Grundformation entscheidet sich der Trainer für ein 4-3-3, mit Lobotka, Zambo Anguissa und Zielinski im Mittelfeld. Die Aufgabenverteilung zwischen den drei eben genannten ist klar. Lobotka übernimmt eine klare defensive Funktion, hilft häufig auch im Abwehrdrittel aus. Anguissa ist eine Art Box-to-Box-Spieler und so gut wie überall auf dem Platz zu finden. Piotr Zielinski positioniert sich häufig als zweiter Stürmer neben Osimhen, ist oft bemüht, die gegnerische Defensive durch sein unorthodoxes Stellungsspiel vor Probleme in der Zuordnung zu stellen. 

Mit einem klaren Plan hat Spalletti  Napoli zum Titelanwärter Nummer eins geformt
Mit einem klaren Plan hat Spalletti Napoli zum Titelanwärter Nummer eins geformtAFP

Neapels Abwehrchef kennen Eintracht-Fans bereits aus den direkten Duellen mit Fenerbahçe in der Europa-League-Gruppenphase vergangenes Jahr. Frankfurt-Analyst Niklas Lanwehr bezeichnete Min-Jae Kim gegenüber dem YouTube-Kanal der Frankfurter als modernen Verteidiger, der Balleroberungen aktiv forciert: "Kim ist ein Spieler mit sehr viel Energie, der viel nach vorn verteidigt. Er ist sehr aggressiv, (befindet sich, Anm.) immer im Rücken des Gegners." In der Liga kann der Südkoreaner eine überragende Zweikampfquote von 71 Prozent aufweisen, kein anderer Defensivspieler konnte zudem mehr Bälle abfangen als Kim. "Das spricht für sich", schließt Lanwehr seine Beschreibung ab. 

Trotz eines herausragenden Rufs in der Branche blieben Spalletti die ganz großen Titel bislang verwehrt. 2010 und 2012 wurde er mit Zenit St. Petersburg russischer Meister, 2007 und 2008 mit der AS Roma italienischer Pokalsieger. Die herausragende Debütsaison von Oliver Glasner bei der SGE dient ihm gewissermaßen als Inspiration: "Sie sind eine Mannschaft, die solche Spiele, in denen es um alles geht, gewohnt sind. Mehr als wir. Vergangenes Jahr haben sie viel Erfahrung in der Europa League gesammelt. Sie haben schon ein Finale bestritten und das sogar gewonnen. Genau das versuchen wir jetzt auch." Darauf angesprochen, wer am Dienstag Favorit sei, antwortete Spalletti: "Manchmal versucht der Kopf, so ähnlich wie ein Computer zu arbeiten. Er beginnt, vermeintliche Vorteile auszurechnen. Das sollte man nicht tun."

Kolo Muani laut Glasner noch mit "Luft nach oben"

Ballbesitz ist nicht, worauf Oliver Glasner abzielt. In seiner Heimat Österreich galt er als knochenharter Verteidiger und auf den Erfolg ausgerichteter Führungsspieler. Zum Verfechter eines dynamischen, auf schnelle Balleroberung fokussierten Spielstils wurde Glasner erst durch den Einfluss von Red Bull, respektive Roger Schmidt und Ralf Rangnick.

Zwischen 2012 und 2014 war er als Co-Trainer bei RB Salzburg tätig, lernte das Prinzip des “absichtlichen Fehlpasses”, die ungeheure Macht des Gegenpressings sowie die Bedeutung von Halbräumen für den modernen Fußball kennen. Aufgewachsen war er im Österreich der 1990er-Jahre, also zu Zeiten, als Libero und Dreierkette sowohl im Amateur- als auch Profibereich die gängige Mode waren. Die große Karriere als Spieler blieb ihm verwehrt. Er absolvierte kein Länderspiel für die ÖFB-Auswahl, schaffte nicht den Sprung ins ersehnte Ausland.  

Erst auf der Trainerbank machten sich sein enormer Ehrgeiz und sein Wissensdrang vollauf bezahlt. Im Laufe der Jahre — während seiner Zeit beim LASK und in Wolfsburg — verknüpfte er die eben erlernten taktischen Ideen mit den simplen Vorzügen altbekannter Systeme. Der Frankfurter Libero heißt Makoto Hasebe, die Halbräume werden von Spielern wie Mario Götze, Jesper Lindström oder Daichi Kamada besetzt. Wer versucht, die Spielweise der Eintracht nachzuvollziehen, gelangt zudem zu einer Erkenntnis, die sich perfekt durch Glasners Vergangenheit bei RB erklären lässt: Intensität, nicht Schönheit, ist das Mittel zum Erfolg. Ball und Spieler sind permanent dazu aufgefordert, sich zu bewegen, im Raum zu orientieren. Stillstand ist ein Schimpfwort.

Gegen Bremen feierte die Eintracht zuletzt einen verdienten 2:0-Erfolg
Gegen Bremen feierte die Eintracht zuletzt einen verdienten 2:0-ErfolgProfimedia

Eine ähnliche Herangehensweise hatte auch sein Vorgänger Adi Hütter verfolgt. Doch im Vergleich zu seinem Landsmann strahlt Glasner mehr zwischenmenschliche Wärme aus, scheint auch eher sensiblen Spielern den nötigen Halt zu geben, um Topleistungen auf den Platz zu bringen.

Von seinem Fachwissen und seinem schonenden Umgang mit den Spielern profitierte ein Mann, der sich punkto Talent vor Kvaratskhelia und Osimhen nicht verstecken muss.

Randal Kolo Muani war im Sommer ablösefrei(!) von Nantes an den Main gezogen. Bis dahin war er außerhalb von Frankreich nahezu unbekannt, heute taxiert “transfermarkt.de” seinen Marktwert auf 37 Millionen Euro. Wie lange der WM-Finalist den Adlern erhalten bleibt, ist schwer abzusehen — bis zum Vertragsende 2027 wird ihn Sportvorstand Krösche mit Sicherheit nicht halten können. Seinen nächsten Arbeitgeber wird sich der 24-Jährige nach Belieben auswählen dürfen. Die europäischen Spitzenvereine wie Manchester United, der AC Milan oder der FC Bayern stehen angeblich längst Schlange.

Die Statistiken von Frankfurts Kolo Muani in der laufenden Saison sind herausragend
Die Statistiken von Frankfurts Kolo Muani in der laufenden Saison sind herausragendStatsPeform/AFP

Das Bemerkenswerte ist: Kolo Muani befindet sich noch nicht auf seinem Zenit, kann sich laut Oliver Glasner weiter steigern. Nach dem 2:0-Erfolg gegen Werder diesen Samstag —mit dem sich Glasner insgesamt “sehr zufrieden” zeigte — war der Trainer mit seiner Sturmspitze trotz des zehnten Tors in der laufenden Bundesliga-Saison nicht vollkommen glücklich: “Ich denke, das war heute nicht seine beste Leistung. Auch er hatte viele einfache Ballverluste. Es ist wichtig für ihn, dass er weiter dranbleibt. Man hat heute schon gesehen, dass es bei ihm in einigen Bereichen noch deutlich Luft nach oben gibt.”

Dass sich die SGE in einer enorm ausgeglichenen Gruppe D gegen Tottenham, Sporting und Marseille durchsetzen konnte, ist — einfacher Ballverluste ungeachtet — auch seinen Qualitäten zu verdanken. Kolo Muani erzielte beim legendären 2:1-Sieg in Lissabon am letzten Gruppenspieltag das Siegestor.

Doch ähnlich wie in Neapel ist auch im Herzen von Europa das Team der eigentliche Star. Mario Götze hat nach den zwei Sabbatjahren in Eindhoven sein altes Spielverständnis wiedergefunden. In Portugal hatte Kamada mit einem eiskalt verwandelten Strafstoß den Ausgleich besorgt, Sebastian Rode nach seiner Einwechslung zur Halbzeit mit enormer Zweikampfstärke die SGE überhaupt erst zurück ins Spiel gebracht. Philipp Max etablierte sich auf der linken Außenbahn sofort als Stammkraft, schloss die nach dem Weggang von Filip Kostić lange offen gebliebene Lücke.

Im November wurde ein kleines Wunder Wirklichkeit, ein aus Sicht der Eintracht herausragendes Jahr fand mit dem Einzug ins CL-Achtelfinale den gebührenden Abschluss. In der Bundesliga zählt die SGE bereits zum erweiterten Spitzenfeld. Wenn man nach Hin- und Rückspiel das laut Präsident Fischer "formstärkste Team Europas" aus der Königsklasse heraus kicken würde — wäre das der nächste Schritt in Frankfurts Entwicklung hin zu einer auch international bewunderten Mannschaft.

Personalsituation Frankfurt

Sebastian Rode wird nach dem krankheitsbedingten Ausfall gegen Werder im Hinspiel gegen Napoli zwar mit dabei sein — für einen Startelfeinsatz wird es aber nicht genügen. Mutmaßlich setzt Glasner im zentralen Mittelfeld anfangs auf Sow und Kamada, wissend, dass diese Entscheidung einiges Risiko mit sich bringt, weil beide ihre Qualitäten eher in der Offensive, als der Defensive haben.

Verletzungsbedingt auch nicht dabei sein werden Junior Dina Ebimbe (22/Sprunggelenk) und Jungspund Marcel Wenig (18/Knöchelbruch). 

Voraussichtliche Aufstellung (3-4-2-1): Trapp — Tuta, Hasebe, N'Dicka — Knauff, Kamada, Sow, Max — Lindström, Götze — Kolo Muani

Personalsituation Napoli

Victor Osimhen musste gegen Sassuolo nach 85 Minuten angeschlagen ausgewechselt werden. Nichts Schlimmes, wie Spalletti dem besorgten Umfeld nach dem Schlusspfiff zu versichern versuchte: "Es sieht nach nichts Besonderem aus. Er ist nur ein wenig müde, weil er sich nie schonen kann." Darf man dem Übungsleiter glauben, wird sich der Nigerianer durchbeißen und gegen die SGE auf dem Platz stehen.

Auch deshalb, weil kein passender Ersatz parat steht. Giacomo Raspadori fehlt wegen einer Oberschenkelverletzung weiterhin. Ansonsten stehen den Neapolitanern voraussichtlich sämtliche Spieler zur Verfügung. 

Voraussichtliche Aufstellung (4-3-3): Meret — Di Lorenzo, Rrahmani, Kim, Rui — Lobotka, Anguissa, Zielinski — Lozano, Osimhen, Kvaratskhelia

Flashscore-Prognose:

Eintracht Frankfurt wird mit Napoli kämpferisch und spielerisch gut mithalten können. Die etwas bessere Form spricht jedoch für die Italiener, in der Serie A konnte man zuletzt überzeugende Siege einfahren, die SGE tat sich im Vergleich dazu in der Bundesliga eher schwer. Am Ende steht es 1:1. 

Ob sich diese Prognose erfüllt könnt ihr am Dienstag ab 21 Uhr live auf Amazon Prime, Sky, sowie in der kostenlosen Flashscore-Audioreportage mitverfolgen!