Darts-WM Vorschau Tag 16: Finale - Premiere für "Bullyboy" oder Nummer vier für "MvG"?

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Darts-WM Vorschau Tag 16: Finale - Premiere für "Bullyboy" oder Nummer vier für "MvG"?
Darts-WM Vorschau Tag 16: Finale - Premiere für "Bullyboy" oder Nummer vier für "MvG"?
Darts-WM Vorschau Tag 16: Finale - Premiere für "Bullyboy" oder Nummer vier für "MvG"?Profimedia
Ab 21 Uhr steht der 16. und letzte Tag der Darts-WM im Alexandra Palace an - und damit das Finale. Der Turnierfavorit Michael van Gerwen trifft nach einem schadlosen Turnier in absoluter Top-Form auf Michael Smith, der im Halbfinale den Darts-Traum von Gabriel Clemens beenden konnte. Der "Bullyboy" hofft, mit der elektrischen Atmosphäre im "Ally Pally" den Favoriten bei der Wiederauflage des Endspiels von 2019 zu stürzen.

Die Historie

Kurz vor seinem ersten Auftritt bei der Darts-WM 2012 zeigte sich Michael Smith das erste Mal auf der öffentlichen Bühne. Überraschend spielte er sich als 21-Jähriger ins Hauptfeld der UK Open, schaltete dabei unter anderem Größen wie Peter Manley aus und scheiterte an Mervyn King. Wichtige Erfahrungswerte für den jungen Mann aus St. Helens im Nordwesten Englands, der erst durch einen Fahrradunfall und die darauffolgende Regenerationszeit zuhause zum Darts gekommen ist. Damals hätte er sich wohl nicht träumen lassen, wie die nächsten Jahre verlaufen sollten. Als Jugend-Weltmeister 2013 schloss er seine Altersklasse als bester ab, 2014 schaffte er dann die Sensation: In der zweiten Runde der Weltmeisterschaft schaltete er den amtierenden Weltmeister und die Lichtgestalt des Sports Phil Taylor mit einem Bullseye-Finish von 128 Punkten aus. Ein Triumph, der Smith so richtig beflügeln sollte. In den folgenden Jahren etablierte sich der Engländer auf der ProTour und war regelmäßig bei Majors vertreten, Schritt für Schritt arbeitete er sich nach oben. Viele erwarteten schon bald die ersten größeren Titel, und tatsächlich konnte er bis 2018 insgesamt fünf ProTour-Events für sich entscheiden. Die ganz großen Erfolge bei Majors blieben allerdings lange aus. Ganz im Gegenteil: Nach insgesamt neun Finalniederlagen konnte der "Bullyboy" erst im Jahr 2022 den Fluch brechen, als er den Grand Slam of Darts gewann. Als ein Mann, dessen Bann gebrochen scheint, geht Michael Smith nun ins WM-Finale.

Michael van Gerwen, inzwischen Titelfigur eigener Comics und mit seinem giftgrünen Outfit und der glänzenden Glatze eine wahre Marke. Schwer vorstellbar, dass der 33-Jährige nicht immer kahl war. Mit Haaren und deutlich weniger Darts-Erfahrung stellte sich mit damals 17 Jahren ein Junge aus Boxtel in den Niederlanden beim World Masters vor - und gewann es auf Anhieb. Als bis heute jüngster Darts-Spieler, der jemals ein Major-Turnier gewonnen hat, deutete "MvG" früh an, was in den nächsten Jahren möglich werden sollte. 2006 bekam er den Spitznamen "Mighty Mike" verpasst, nachdem er eines der besten Darts-Spiele aller Zeiten gewinnen konnte. Im Spiel gegen Martin Adams, in dem kein Leg mehr als 15 Würfe dauerte, legte Van Gerwen als Teenager einen 108,5er-Average auf und kegelte seinen Gegner aus dem Turnier. Ab diesem Moment waren Rekorde nur noch Herausforderungen: Mit unzähligen Erfolgen auf der ProTour, 48 Major-Siegen und drei Weltmeistertiteln ist "MvG" eigentlich nur noch mit Phil Taylor zu vergleichen. Der Unterschied: Alterstechnisch sollte der Niederländer seinen Zenit noch lange nicht erreicht haben. Sieben Jahre lang führte er die Weltrangliste an, bis er von Gerwyn Price und später von Peter Wright abgelöst wurde. Nun will er die Spitzenposition und den WM-Titel zurück.

Die Paarung

Michael Smith gegen Michael van Gerwen - Ein Duell mit großer Vergangenheit. Obwohl beide Spieler erst 32 und 33 Jahre alt sind, standen sie sich bereits in zahlreichen Duellen gegenüber. Das WM-Finale 2023 im Alexandra Palace wird das insgesamt 50. Aufeinandertreffen vom "Bullyboy" und "Mighty Mike" sein. Dabei geht die Geschichte des Duells zurück bis ins Jahr 2010, als der Niederländer bei einem Qualifikationsturnier zu den UK Open triumphierte. Die Head-to-Head-Bilanz zwischen Smith und Van Gerwen spiegelt auch die Karriere der beiden wieder: Am Anfang noch auf der Development Tour unterwegs trafen sich die WM-Finalisten später bei den ersten European Tour-Events, dann den Players Championships und immer öfter bei den Majors.

Seit Jahren duellieren sich Michael Smith und Michael van Gerwen - hier 2016 beim Masters.
Seit Jahren duellieren sich Michael Smith und Michael van Gerwen - hier 2016 beim Masters.Profimedia

Während "MvG" zwischen 2014 und 2019 schon den nächsten Schritt in seiner Karriere machte und so gut wie alle Duelle gegen den Engländer gewann, kam dieser gegen Ende des Jahrzehnts wieder auf. Insgesamt konnte der 32-jährige Smith bisher nur 12 der 49 Duelle gegen den Niederländer gewinnen, davon allerdings die jüngsten drei Vergleiche in diesem Jahr in der Premier League und bei den US Darts Masters. Michael van Gerwen liegt mit drei Viertel der Siege im direkten Vergleich klar vorne, trotzdem dürfte er nach den letzten Erfahrungen gegen Michael Smith gewarnt sein.

Die Form

Während viele der Top-Spieler eher schwächeln, war 2022 das Jahr des Michael Smith. Mit dem Sieg beim Grand Slam of Darts beendete er die schwarze Serie von zuvor neun verlorenen Major-Finals und holte endlich den lang ersehnten ersten Titel. Nach der Finalniederlage bei der vergangenen Weltmeisterschaft gegen Peter Wright scheint die Zeit für den "Bullyboy" nun gekommen zu sein, ganz oben anzugreifen. Smith, der in diesem Jahr so gut wie alle großen Spieler mindestens einmal geschlagen hat, war in dieser Form auch vor dem Turnier einer der Top-Favoriten auf den Titel. Dass Master of Ceremonies John McDonald ihn nach seinem Sieg beim Grand Slam nun nicht mehr als "Shanghai Masters Champion" ankündigen musste, schien Smith endgültig zu befreien. Er schaffte es, im Turnierverlauf nur einen einzigen Wackler zuzulassen: Beim 4:3-Erfolg über den Deutschen Martin Schindler musste der Engländer einen Zwei-Satz-Rückstand aufholen, überwand diese Schwächephase aber und marschierte danach unbedrängt durch das Turnier. Auch beim 6:2 im Halbfinale gegen den deutschen Überflieger Gabriel Clemens spielte Smith starke Darts und legte einen Average von fast 102 auf. In dieser Form ist ihm alles zuzutrauen, auch wenn der Gegner ihm alles abverlangen wird.

Michael Smith nach seinem 6:2-Halbfinalerfolg über Gabriel Clemens.
Michael Smith nach seinem 6:2-Halbfinalerfolg über Gabriel Clemens.Profimedia

In den vergangenen Jahren wirkte "Mighty Mike" nicht mehr unschlagbar, bei der WM 2021 schied er ohne Satzgewinn gegen Nathan Aspinall aus, bevor ihm ein Jahr später ein positiver Corona-Test während der Weltmeisterschaft einen Strich durch die Rechnung machte. In diesem Jahr spielte "MvG" bei weitem nicht das beste Jahr in seiner Karriere. Im Gegenteil: Die Siegquote war sogar die niedrigste seit seinem Start auf der Profi-Tour. Spätestens seit dem Premier-League-Sieg zur Jahresmitte scheint Van Gerwen aber wieder voll da zu sein. Bei dieser Weltmeisterschaft war für die Gegner vom ersten Dart an nichts zu holen: Lewy Williams, Mensur Suljovic, Dirk van Duijvenbode und im Halbfinale auch Dimitri van den Bergh, der am Ende sogar einen Whitewash verpasst bekam, kamen nicht über die Statistenrolle hinaus. Es ist schwer vorstellbar, wie der 33-Jährige in dieser Form zu schlagen sein soll.

Das Orakel

Wir sehen nicht nur ein Finale der Weltmeisterschaft, wir sehen auch das Spiel zwischen den beiden aktuell besten Dartspielern der Welt. Spätestens im Turnierverlauf haben Van Gerwen und Smith bewiesen, dass sie einem Gerwyn Price, einem Peter Wright und anderen Kontrahenten momentan einiges voraus haben. Im direkten Vergleich fällt trotzdem auf, dass der niederländische Ex-Weltmeister seinen Gegnern noch weniger Möglichkeiten zugesteht als der englische Herausforderer. Die Unerbittlichkeit, die Humorlosigkeit und der schiere Siegeswille von "MvG" werden den Unterschied ausmachen und Michael van Gerwen am Dienstagabend zum vierten WM-Titel verhelfen.