EL-Preview: Freiburg empfängt Juve - folgt das nächste Breisgauer Wunder?

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EL-Preview: Freiburg empfängt Juve - folgt das nächste Breisgauer Wunder?
Bonucci (li.) im Kopfballduell mit Freiburg-Stürmer Gregoritsch (re.)
Bonucci (li.) im Kopfballduell mit Freiburg-Stürmer Gregoritsch (re.)AFP
Die Mächteverhältnisse zwischen dem SC Freiburg und dem italienischen Rekordmeister Juventus Turin sollten eigentlich klar geordnet sein. Am Donnerstag (18:45 Uhr) kommt es in Freiburg zum Achtelfinal-Rückspiel in der Europa League. Nach der knappen 0:1-Niederlage im Hinspiel sind die Chancen für Christian Streichs Mannen intakt. Vor eigenem Publikum will man erneut ein Wunder Wirklichkeit werden lassen.

Unmittelbar vor dem Rückspiel gegen Juventus (Donnerstag um 18:45 Uhr, live in der Flashscore Audioreportage mit Roman Bartz) setzte der SC Freiburg ein wichtiges Zeichen. Der Vertrag mit Trainerikone Christian Streich und seinem Betreuerstab wurde ein weiteres Mal verlängert. Details zum neuen Arbeitspapier wurden nicht bekanntgegeben.

Das hat ebenso viel Tradition wie Streich selbst. Und auch die obligatorische, vollkommen gerechtfertigte Lobeshymne auf den 57-Jährigen blieb nicht aus: "Das Trainerteam um Christian Streich arbeitet Tag für Tag sehr detailverliebt und mit maximalem Einsatz an der Entwicklung unserer Mannschaft. Wir bleiben auf unserem Weg und führen diese sehr vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit auch über die aktuelle Saison hinaus fort", erklärte Sportvorstand Jochen Saier. 

Die treueste Seele Deutschlands: Vereinsikone Christian Streich
Die treueste Seele Deutschlands: Vereinsikone Christian StreichAFP

In den Top-5-Ligen Europas ist nur Diego Simeone länger in Amt und Würden. Streich wird 2023/24 in seine 13. Saison als Cheftrainer beim Sportclub gehen. Obwohl der Kader qualitativ nicht einmal zu den besten in Deutschland gehört, stellt man mittlerweile auch die Kontrahenten in Europa vor gewaltige Probleme.

Erfolgsgeheimnis Bodenständigkeit

Keine Frage, beim Hinspiel in Turin waren die Qualitätsunterschiede nicht zu übersehen. Doch wen wundert das, wenn Nicolas Höfler sich Zweikämpfe mit Angel di Maria liefert? Dass man nach dem Hinspiel nur 0:1 in Rückstand liegt – also der Einzug ins Viertelfinale weiterhin realisierbar ist –  ist an sich ein großer Erfolg. 

Streich gelang das nicht durch eine ausgefeilte taktische Revolution. Es gelang ihm nicht durch Millioneneinkäufe. Es gelang ihm durch den Fokus auf im modernen Profifußball fast verloren gegangene Konzepte. Anstatt seine Spieler zwanghaft zu verbessern, erlaubte er ihnen, sich auf ihre gottgegebenen Stärken zu konzentrieren. Von seinen Spielern verlangt er keine Wunderdinge. Sie sollen tun, wozu sie imstande sind. Wenn das für einen Sieg reicht, umso besser.

Bereits erwähnter Höfler ist ein anschauliches Beispiel. Häufig entscheidet er sich im Spielaufbau für Pässe mit wenig Risiko. Das ist nicht spektakulär, das sorgt oft für keinerlei Raumgewinn. Seinen eigentlichen Wert hat Höfler im Spiel gegen den Ball. Er ist auch im hohen Alter noch ein Laufwunder und wirft sich in jeden Zweikampf. Für Traumpässe sind andere verantwortlich.

Etwaige Mängel macht der 33-jährige Höfler (re.) durch seine Einsatzbereitschaft wieder wett
Etwaige Mängel macht der 33-jährige Höfler (re.) durch seine Einsatzbereitschaft wieder wettProfimedia

Das ist die berühmte Freiburger Bodenständigkeit. Sie erlaubt scheinbar limitierten Spielern, an ihr Leistungsniveau zu gehen. Sie erlaubt der Mannschaft und dem gesamten Umfeld, auch in kniffligen Situationen die Ruhe zu bewahren. Am Donnerstag wird das ohne Zweifel nötig sein. Im Hinspiel boten sich beide Teams eine regelrechte Abwehrschlacht. Knapp 30.000 Freiburger Fans versuchten vergangene Woche in den Piemont mitzukommen. Nur rund 2.100 Zuseher fanden im Gästeblock Platz.

Zum Match-Centre: SC Freiburg vs. Juventus Turin

Das Europa-Park Stadion wird voll sein. Es gibt eine reelle Chance auf den Einzug ins Viertelfinale. Selten war Juventus so in Mitleidenschaft gezogen, wie in der jüngsten Gegenwart.

"Wie wir spielen werden, ist jetzt noch nicht klar – weder personell noch taktisch", gab sich Streich mit Blick auf den Kampf um das Viertelfinal-Ticket bedeckt und sprach von einem "Balanceakt": "Wir müssen mutig sein, aber dürfen nicht naiv ins Messer laufen."

Zittersieg gegen Kellerkind 

Beim 4:2-Erfolg über das Tabellenschlusslicht Sampdoria Genua zeigte man sich in der Defensive ungeheuer fehleranfällig. In den ersten 25 Ligaspielen hatte Sampdoria nur elf Treffer erzielt. Am Sonntag schenkte man Juve innerhalb von nur zwei Minuten doppelt ein. In der 31. Minute erzielte Augello das 2:1, eine Minute später besorgte Filip Djuricic den 2:2-Ausgleich. Bis zum Schlusspfiff hatten die Bianconeri das Resultat korrigiert. 

Trainer Allegri sah sich dazu gezwungen, Kritik an der eigenen Spielweise zu üben: "Ich denke, wir müssen die Führung besser verwalten. Beim Stand von 2:0 können wir nicht offen nach vorne spielen. Wir dürfen kein Gegentor kassieren, sondern müssen auf Konter setzen und die Räume eng machen. Die Älteren in der Abwehr sollten die Jüngeren an den Ohren packen und sie auf das richtige Positionsspiel verweisen."

Eine Woche zuvor hatte Juve eine 0:1-Niederlage im Kracher gegen die AS Roma kassiert. Moise Kean hatte sich in der Schlussphase zu einem Tritt gegen Mancini hinreißen lassen, wurde wenige Sekunden nach seiner Einwechslung mit Rot vom Feld geschickt. Vielleicht haben der Bilanzskandal und damit verbundene heftige Punkteabzug (-15 Zähler) doch ihre Spuren am Turiner Nervenkostüm hinterlassen.

Juve steckt in einer Art Sinnkrise fest
Juve steckt in einer Art Sinnkrise festAFP

Nach dem souveränen Erfolg über den FC Nantes in der Europa League und vier gewonnenen Ligaspielen in Folge, schien kurzfristig alles Eitel Wonne. Weiterhin befinden sich die europäischen Plätze in Reichweite. Auf das sechstplatzierte Bergamo hat man mittlerweile nur noch vier Punkte Rückstand.

Vlahovic trifft das Tor nicht

Die Art und Weise, wie gegen Sampdoria die drei Punkte kurzzeitig aus der Hand glitten, bereiteten aber Sorgen. Beim Stand von 3:2 setzte Dusan Vlahovic einen Strafstoß an die Stange (69.).

Der Serbe – vor rund einem Jahr gegen eine Ablösesumme von 80 Millionen Euro aus Florenz gekommen – leidet unter akuter Ladehemmung. Schon gegen die Roma vergab er Chance um Chance, am Wochenende wiederholte sich die Leier. Seit sechs Pflichtspielen konnte er keinen Treffer mehr erzielen.

Im Vorjahr noch zweitbester Ligatorschütze, aktuell mit 8 Toren nicht mal unter den besten fünf zu finden: Dusan Vlahovic
Im Vorjahr noch zweitbester Ligatorschütze, aktuell mit 8 Toren nicht mal unter den besten fünf zu finden: Dusan VlahovicOpta by StatsPerform / AFP

Demonstrativ beschützte Allegri nach dem Spiel am Sonntag seinen Mittelstürmer vor all zu harscher Kritik: "Dusan hat ein sehr gutes Spiel gemacht. Er muss ruhig bleiben. Wir dürfen nicht vergessen, dass er erst seit einem Jahr bei Juventus ist. Er hat alle nötigen Qualitäten, um bald besser zu werden. Agiert er weniger hastig, wenn der Ball zu ihm kommt, wird er noch viele Tore erzielen."

Bleibt – aus Sicht des SC Freiburg – zu hoffen, dass Vlahovic sich seine hastige Spielweise bis Donnerstag beibehält. Vergleicht man seinen xG-Wert mit den tatsächlich erzielten Toren, ergibt sich ein verdächtiges Bild. In der Serie A-Saison 2021/22 waren gerundet 18 Treffer erwartbar gewesen. Der Linksfuß übertraf die Erwartungen aber, zog insgesamt 24-mal zum Torjubel ab.

In der laufenden Spielzeit sieht die Lage anders aus. Acht Treffer wurden von Vlahovic erwartet. Ebenso oft netzte er bislang ein. Gegen Sampdoria schoss er siebenmal auf den gegnerischen Kasten, blieb aber stets glücklos.

Teamnews: Lienhart wohl fit – viele Ausfälle bei Juve

Weiterhin muss Christian Streich auf Daniel-Kofi Kyereh verzichten. Mit seinen Fähigkeiten im Dribbling war der 27-jährige Ghanaer noch ein absoluter Leistungsträger beim SC Freiburg. Lucas Höler vertritt Kyereh recht ordentlich, bringt aber vollkommen andere Stärken mit. Hölers Vorzüge liegen klar im physischen und taktischen Bereich. 

Philipp Lienhart verließ im Hinspiel den Rasen angeschlagen. Nach einer längeren Behandlungspause waren die Schmerzen am Oberschenkel zu groß, Manuel Gulde kam aufs Feld. Zunächst stand nicht fest, ob es sich nur um eine Prellung oder eine schlimmere Muskelverletzung handelte. Am Sonntag gegen die TSG Hoffenheim (2:1-Sieg) pausierte Lienhart. Offizielles Update gab es bis dato keines. Dass er sich im Aufgebot der österreichischen Nationalmannschaft befindet, deutet jedenfalls darauf hin, dass er nichts Gröberes abbekommen hat.

Streichs Pendant Allegri muss fast auf eine komplette Startelf verzichten. Mit Leonardo Bonucci, Federico Chiesa und Di Maria (dem Siegestorschützen aus dem Hinspiel) werden drei absolute Stammkräfte nicht zur Verfügung stehen. Auch Paul Pogba – der Franzose war knapp vor dem Hinspiel ins Team zurückgekehrt – fällt wegen einer Muskelverletzung erneut aus. Alex Sandro ist aus selbem Grund fraglich, Arkadiusz Milik und Kaio Jorge werden garantiert fehlen.

Grundsätzlich sprechen die vielen Verletzten sprechen für die Breisgauer. Zuletzt machten bei Juve aber einige junge Talente mit starken Leistungen auf sich aufmerksam. Allen voran Spielmacher Fabio Miretti (19), Nicolo Fagioli (22) und der argentinische Flügelstürmer Matias Soule (19). Letztgenannter erzielte gegen Sampdoria das Tor zum Endstand.

Di Maria wird Allegri mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zur Verfügung stehen
Di Maria wird Allegri mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zur Verfügung stehenAFP

Freiburg (4-2-3-1)Flekken – Sildillia, Ginter, Lienhart, Günter – Eggestein, Höfler – Doan, Höler, Grifo – Gregoritsch

Juventus (3-5-1-1)Szczesny – Danilo, Bremer, Alex Sandro – Cuadrado, Fagioli, Locatelli, Rabiot, Kostic – Miretti – Vlahovic

Flashscore-Prognose: Freiburg ist nicht chancenlos

Ob es für die Überraschung reicht? Mit den eigenen Fans im Rücken, angesichts der zuletzt offenbarten Fehleranfälligkeit Juves, der vielen Verletzungen, die Allegri zu verkraften hat: liegt das Momentum auf Seiten der Freiburger. Wenngleich den Breisgauern in den vergangenen Wochen Verschleißerscheinungen anzumerken waren.

Der Sportclub wird sich in jeden Zweikampf werfen. Am Ende steht es 1:1, weil Dusan Vlahovic plötzlich der Knopf aufgeht. Juve zittert sich in die nächste Runde.