Mehr

Deulofeu über Vergangenheit, Lamine Yamal und Ziele: "Am liebsten auf dem Platz"

Deulofeu ist stolz auf seine sportliche Karriere und voller Sehnsucht, sich wieder wie ein Fußballer zu fühlen
Deulofeu ist stolz auf seine sportliche Karriere und voller Sehnsucht, sich wieder wie ein Fußballer zu fühlenGiuseppe Maffia / NurPhoto via AFP / Flashscore

Nachdem er uns Einblicke in seine mühevolle Knie-Rehabilitation gegeben hat – sowohl körperlich als auch emotional –, spricht Gerard Deulofeu mit Flashscore im zweiten Teil des exklusiven Interviews über seine sportliche Laufbahn, seine Begeisterung für Lamine Yamal und Pedri sowie seine ewige Dankbarkeit gegenüber Udinese und der Familie Pozzo.

Den ersten Teil unseres Interviews mit Deulofeu liest du hier.

Frage: Was hältst du von der aktuellen Barcelona-Mannschaft?

Antwort: Es ist eine großartige Mannschaft. Ich finde, sie wird spektakulär von Hansi Flick geführt und ernthält zwei Fußball-Genies, die für die nächsten 10-15 Jahre auf höchstem Niveau spielen werden: Pedri und Lamine Yamal. Für beide schwärme ich total. Ich glaube, Barcelona wird mit den beiden immer ein Kandidat für den Gewinn der Champions League und LaLiga sein.

Pedri und Lamine, zusammen mit den anderen Spielern, werden dieses Team auf das nächste Level bringen. Daran habe ich keinen Zweifel. Ein klarer Anwärter auf alles, was es zu gewinnen gibt. Und dazu spielen sie so aggressiv, mit einer offensiven Ausrichtung und kreativen Angriffen. Es macht einfach Spaß, ihnen zuzusehen.

F: Kann man das mit dem Dream Team von Johan Cruyff oder dem von Messi vergleichen?

A: Das wird die Zeit zeigen. Im Moment ist es schwer zu sagen, aber es sieht sehr vielversprechend aus. Die Spielidee ist stark, sehr aggressiv und für die Gegner schwer zu knacken. Dann kommen noch diese spektakulären Spieler dazu. Ich sage den Fans: Seid so begeistert wie möglich.

F: Lamine Yamal hat nach dem Wechsel von Ousmane Dembele zu PSG mehr Einsatzzeiten bekommen. Stell dir vor, das wäre dir passiert – Messi verlässt Barca und plötzlich ist ein Platz frei.

A: So ist Fußball, so ist das Leben, es hängt oft an Kleinigkeiten. Ja, Lamine hatte die Chance, früher reinzurutschen, weil Barca nach Leos Abgang eine schwierige Phase durchmachte. Aber wenn es nicht bei Barca gewesen wäre, hätte er sich woanders durchgesetzt. Wenn man sieht, wie er das Spiel versteht, wie er den Ball beherrscht.. Wäre es nicht Barca gewesen, hätte er bei einem anderen Top-Team geglänzt.

F: Wie erinnerst du dich an deine Zeit bei Barca zurück?

A: Sehr wechselhaft, weil ich ein sehr anspruchsvoller Mensch bin. Ich weiß, ich war jung, brauchte Eingewöhnung und Spielpraxis, und in einer so erfolgsverwöhnten Mannschaft wie Barca war es schwer, als junger Spieler regelmäßig zu spielen – mit David Villa, Alexis Sánchez, Leo Messi, Luis Suarez, Neymar zu der Zeit.

Deulofeu und Messi feiern ein Tor für Barcelona
Deulofeu und Messi feiern ein Tor für BarcelonaJosep LAGO / AFP

Es war nicht leicht, sich bei dieser Konkurrenz durchzusetzen. Ich sehe meine erste Karrierephase als unbeständig, aber ich habe bei Everton, Milan und in einer Phase bei Sevilla unter Unai Emery sehr gute Leistungen gezeigt. Ich weiß, dass die Erwartungen an mich hoch waren, und ich akzeptiere das. Vielleicht hätte ich manches anders machen können, aber ich finde, ich habe bisher eine tolle Karriere hingelegt und in vielen Teams sehr gut gespielt. Ich bin zufrieden mit dem, was ich erreicht habe, und hoffe, zurückzukommen – mit 31 bin ich noch jung und habe noch einige Tore vor mir.

F: Bist du Barca dankbar oder fühlst du auch ein wenig Enttäsuchung?

A: Ich bin total dankbar, denn meine Ausbildungszeit war sehr schön und hat mir eine wichtige Karriere ermöglicht. Natürlich gibt es Nuancen – ich hätte nach meiner Rückkehr aus Mailand vielleicht mehr Geduld haben können, als ich bei Barca und in der Nationalmannschaft war.

Sie hätten mir auch einen längeren Vertrag geben können. Aber im Vordergrund steht die Dankbarkeit. Und außerhalb von Barca gibt es auch Wege. Ich habe mein Spiel umgestellt – vom rechten Flügelspieler zum Stürmer, zum hängenden Stürmer –, um mich an die Teams anzupassen, in denen ich war. Ich bin zufrieden, wie es gelaufen ist.

 

Über die Premier League nach Mailand

F: Von Barca zu Everton – wie war diese Zeit?

A: Bei Everton hatte ich zwei, drei Phasen. Die erste, mit Roberto Martinez, meine erste Saison in der Premier League, ein großartiges Erlebnis, wir wurden Fünfter. Ich habe 30 Spiele gemacht und teilweise den Unterschied ausgemacht. Dann bin ich zu Barca zurückgekehrt, erst unter Tata Martino, dann unter Luis Enrique. Danach ging es zu Sevilla.

Dann bin ich wieder zu Everton, erneut mit Roberto Martinez, zusammen mit Romelu Lukaku – das war spektakulär. Ich hatte eine tolle Zeit. Die dritte Phase war, als Roberto ging, Koeman kam, und ich nicht mehr das gleiche Gefühl hatte. Dann wurde ich an Milan ausgeliehen, was eine der besten Entscheidungen meines Lebens war.

 

F: Warum bedeutet es dir so viel, Teil dieses Klubs gewesen zu sein?

Wegen der Geschichte. Wenn du am ersten Tag in Mailand ankommst, spürst du sofort, was es heißt, Milan-Spieler zu sein. Es ist der größte und traditionsreichste Klub Italiens. Im San Siro zu spielen, ist einfach spektakulär.

Zudem habe ich dort sehr gut gespielt. Die Erinnerungen sind wunderschön. Die Zuneigung der Fans, die Verbindung zu ihnen – einfach überwältigend. Es gibt immer noch Leute, die mir Nachrichten schicken, es waren unglaubliche Monate.

F: Wärst du gerne länger geblieben?

A: Ich hätte mit der Nummer 7 bei Milan weiterspielen und bleiben können. Aber das lag nicht an mir. Die damaligen Besitzer, Berlusconi und Galliani, wollten mich behalten, aber dann kam ein neuer Eigentümer, der die Option nicht mehr in Betracht zog.

Ziel das große Comeback: "Glaube fest daran"

F: Und wo siehst du Udinese?

A: Wenn wir konstant bleiben, sehe ich uns auch in den Top 10. Wir haben einen Trainer, den ich sehr schätze, er ist sehr fordernd. Das braucht es, denn wir sind ein Team, das viel mit Transfers arbeitet, viele junge Spieler integriert. Diese Strenge, die Kostak mitbringt, gefällt mir sehr. Wenn wir regelmäßig punkten und gegen direkte Konkurrenten keine Zähler liegen lassen, können wir in die Top 10 kommen – das sollte unser Ziel sein.

F: Du sprichst in der Wir-Form, obwohl du offiziell nicht mehr im Kader bist. Kannst du das erklären?

A: Es gibt verschiedene Medien, die etwas anderes behaupten, aber die Mitteilung des Klubs war eindeutig. Wir haben den Vertrag einvernehmlich aufgelöst, aber ich mache meine Reha weiter und bin bei meinen Teamkollegen, beim Präsidenten, in den Vereinsanlagen. Das ist wie ein Vertrauensbeweis, ein Zeichen der Geduld vom Präsidenten: 'Wir warten auf dich, du gehörst zu uns, wir schätzen dich und glauben an dein Comeback.'

Deshalb spreche ich in der Wir-Form, von meinen Teamkollegen, meinem Präsidenten – ich lebe mit ihnen, erlebe Udinese, Siege und Niederlagen, als wären es meine eigenen. Ich glaube fest daran, dass ich zurückkomme – mit ihnen.

F: Es ist schön, die Pozzos zu kennen – eine Familie wie diese, gerade jetzt, wo der Fußball immer unpersönlicher wird und in die Hände von Investoren fällt.

A: Ich kenne sie sehr gut, habe zu jedem ein tolles Verhältnis. Ich war mit Gino bei Watford, bin jetzt mit ihm hier, mit seinem Vater Gianpaolo, mit Magda Pozzo. Das Verhältnis ist großartig. Deshalb bekomme ich diese Chance und sie warten auf mich. Ich bin dankbar und hoffe, dieses Vertrauen mit meiner Rückkehr zurückzuzahlen.

F: Wem wirst du dein erstes Tor widmen, wenn du wieder triffst?

A: Meiner Familie, meinem Präsidenten. Alle, die in dieser schwierigen Zeit an meiner Seite waren, wissen, wie ich darüber denke. Also wird es auch für sie sein. Aber wenn ich das Tor widmen muss, dann natürlich meiner Familie oder meinem Präsidenten, der auf mich gewartet hat.

F: Was sind deine Pläne für die Zukunft?

A: Etwas im Fußball, entweder als Spieler, der bis ins hohe Alter weitermacht – ich glaube, mein Lebensstil erlaubt es mir, mit den jungen Spielern und dem heutigen physischen Fußball mitzuhalten. Oder ich helfe jungen Spielern. Ob als Trainer, im Staff, als rechte Hand des Präsidenten, was auch immer – aber ich möchte den Jungs helfen.

Am liebsten wäre ich auf dem Platz, denn dafür lebe ich. Nah an meinen Teamkollegen zu sein und die Spiele so zu erleben, wie ich es liebe – das fehlt mir.

F: Was würdest du Gerard Deulofeu sagen, der mit 17 bei Barca debütiert hat?

A: Vieles. Vor allem, dass ich verstehe, dass er jung ist. Aber ich würde ihm auch erklären, was nach den ersten vier, fünf Jahren der Karriere passieren kann. Da muss man wachsam sein, denn wenn nicht, fährt der Zug vielleicht nicht noch einmal ab. Man muss klug sein und von Anfang an alles richtig machen, wenn man die größte Chance bekommt – für Barcelona, Real Madrid oder einen anderen Topklub zu spielen.