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Deutsche Snooker-Nummer 1 Kleckers exklusiv: "Robertson zu schlagen war besonders"

Heik Kölsch/Flashscore
Lukas Kleckers wohnt in Essen und reist für die Main Tour regelmäßig nach Sheffield, England.
Lukas Kleckers wohnt in Essen und reist für die Main Tour regelmäßig nach Sheffield, England.wst.tv
Als einziger Deutscher auf der Snooker Main Tour 2023 kämpft Lukas Kleckers um Erfolge bei Turnieren und den Verbleib in der Elite des Sports. Auf seiner Reise als Profi, die 2017 in Riga begann, begegnete er dem großen Ronnie O'Sullivan gleich mehrfach und forderte (und besiegte) weitere ehemalige Weltmeister und Ranglistenerste wie Mark Selby und Neil Robertson. Flashscore hat sich exklusiv mit der aktuellen Nummer 77 des Sports zusammengesetzt und über Vergangenheit und Zukunft gesprochen.

F: Hey, Lukas! Wie fühlt es sich an, die deutsche Nummer eins im Snooker zu sein?

A: "Ich muss sagen, man kriegt es im Alltag nicht so extrem mit. Wenn ich bei den Turnieren oder in England bin, macht es keinen großen Unterschied. Es ist kein besonderes Merkmal. Natürlich bin ich darauf stolz, dass ich auch in Deutschland schon viel gewonnen habe. Aber man kann sich nicht viel davon kaufen."

Stichwort kaufen: Es heißt immer wieder, dass das Leben als Snooker-Profi außerhalb der Top-32 nicht ganz so einfach ist. Wie siehst du das hinsichtlich Unterstützung und Finanzierung?

"Es ist erstmal super schwer, auf die Tour zu kommen, da die Plätze sehr begehrt sind. Und drin zu bleiben, ist auch nochmal sehr schwierig. Die Kosten sind nicht zu unterschätzen. Wir haben jetzt zum Glück, das wurde neu eingeführt, eine Preisgeld-Garantie. Das heißt, dass alle Spieler in einer Saison, egal ob sie jedes Spiel in der 1. Runde verlieren, zumindest 20.000 Pfund (ungefähr 23.250 Euro) sicher haben. Das ist natürlich nicht viel zum Leben, aber das ist eine Sicherheit, die wir jetzt haben - und die gab es vorher nicht. Vorher war es so, dass man vor der Saison wusste, man muss erstmal 10.000 einspielen, um überhaupt die Kosten raus zu haben. Das ist jetzt so auf jeden Fall schon besser. Natürlich - je höher man im Ranking ist, desto mehr lohnt sich das dann auch, dann werden die Sprünge größer. Ich würde sagen, die Top-32 können schon sehr gut davon leben. Kommt natürlich darauf an, was man unter gut leben versteht. Hat natürlich alles noch nichts mit Fußball zu tun."

Lukas Kleckers ist der einzige Deutsche auf der Main Tour.
Lukas Kleckers ist der einzige Deutsche auf der Main Tour.wst.tv

Hast du das Gefühl, dass du mit deinem aktuellen Ranking genügend Möglichkeiten hast, um zu zeigen, was du drauf hast - und wie sieht es organisatorisch/finanziell mit internationalen Turnieren aus?

"Es ist schon so, dass wir immer noch ein wenig unter den Folgen von Corona leiden. Davor gab es allein sechs Turniere in China, eins in Indien - selbst eins in Lettland. Mit Corona ist alles ersatzlos weggefallen. Die Folgen spüren wir immer noch. Nächste Saison soll es erstmals wieder Turniere in China geben, aber der Kalender ist nach wie vor nicht so voll, wie er vorher war. Die Hoffnung ist bei jedem Turnier, dass man mal weit kommt. Und das kann dann schon alles ein bisschen verändern für das ganze Jahr. Es ist immer sehr wichtig, das erste Spiel in der Qualifikation zu gewinnen. Für den Verlierer gibt es nämlich nichts. Das ist so festgelegt, da der Verbands-Chef immer gesagt hat, er 'will keine Verlierer bezahlen'. Wenn man das erste Spiel gewinnt, hat man aber eigentlich schon genug Preisgeld gewonnen, damit sich das ganze lohnt."

Gibt es denn ein Turnier, bei dem du dich besonders wohlgefühlt hast?

"Es gibt da ein Turnier, das Riga Masters. Keine Ahnung, warum. Aber da hatte ich immer sehr gute Ergebnisse. Ich war dreimal in der Runde der letzten 32 bei vier Teilnahmen. Sonst habe das vielleicht insgesamt zehnmal geschafft. Dort habe ich auch mein erstes Profi-Match bestritten und direkt gegen einen ehemaligen Weltmeister (Anmerkung der Redaktion: Neil Robertson) gewonnen. Das war schon sehr verrückt. Das war aber auch das letzte Spiel, das ich in der Saison gewonnen habe, obwohl es direkt zu Saisonbeginn war (...schmunzelt)."

Du hast darüber hinaus auch gegen einen weiteren Ex-Weltmeister, Mark Selby, gewonnen und bereits dreimal gegen Snooker-Legende Ronnie O'Sullivan gespielt. So wie ich dich verstanden habe, ist deine Lieblingserinnerung aber das Spiel aus Riga?

"Ja, das war etwas ganz Besonderes, weil ich damals gerade frisch auf der Main Tour zum Profi geworden bin. Dann Robertson zu schlagen, davon hätte ich vorher nicht einmal geträumt. Da erinnere ich mich heute noch gerne dran. Gegen Selby war das Besondere, dass es das beste Spiel war, das ich jemals gemacht habe. Den ersten Frame hatte ich noch relativ knapp gewonnen, auf die letzte Schwarze. Danach hatte er drei Frames keine Chance bekommen. Ich habe 4:0 gewonnen und er war absolut chancenlos. Dass ich sagen kann, dass ein Weltmeister und jemand, der vier Jahre lang an der Spitze der Weltranliste stand, chancenlos gegen mich war, das ist schon etwas sehr Besonderes für mich."

Hat er dir denn danach einen Spruch gedrückt - oder seid ihr auf ein Bierchen gegangen?

"(lacht) Nein, er hat nur gesagt: 'Gut gespielt' - das hat er auch wirklich ernst gemeint. Er war auch nicht genervt. Es gibt Spiele, die man selbst in der Hand hat und verliert. Das ist dann etwas schwerer zu verkraften. An dem Tag hatte ich aber einfach einen super Tag. Er meinte also nur: 'Das hast du gut gemacht' und war nicht sauer. Manche Spieler sind dann aber nach dem Match auch direkt weg, da sie oft von weit herkommen. Und wenn sie verlieren, wollen sie einfach nur nach Hause."

Macht man auf der Tour denn auch Freunde oder geht jeder nach dem Spiel seinen Weg?

"Unterschiedlich. Ich habe selbst häufiger Kontakt mit Alexander Ursenbacher. Er ist Schweizer und schon länger auf der Tour, mit der erfolgreichste deutschsprachige Spieler. Als deutschsprachige Kollegen haben wir natürlich häufiger miteinander zu tun oder gehen, wenn wir auf einem Turnier sind, zusammen essen. Aber generell ist es unterschiedlich. Manche sprechen auch nicht so gut Englisch, mit denen hat man dann eher weniger zu tun."

Kommen wir zur Frage, die du wahrscheinlich am häufigsten hörst: Wie ist es, sich einen Tisch mit O'Sullivan, das Aushängeschild des Sports, zu teilen?

"Das ist natürlich immer etwas Besonders. Ich muss nur gegen ihn spielen und habe dreimal so viel Aufmerksamkeit, wie in allen anderen Spielen, unabhängig von deren Level. Gegen O'Sullivan weiß ich, dass ich fast immer auf dem Haupttisch spielen werde, also auch meistens im Fernsehen. Aber an die Spiele mit Selby und Robertson erinnere ich mich lieber, unabhängig von der Tatsache, dass ich gegen sie gewonnen habe und gegen O'Sulivan nicht (schmunzelt). Ich versuche, mich immer nur auf mein Spiel zu konzentrieren und nicht darauf zu achten, gegen wen ich antrete. Wenn man einen schwierigen Ball zu spielen hat, ist es eigentlich egal, gegen wen es geht."

Wenn du dir O'Sullivan, Robertson oder Selby anschaust - gibt es da eine Fähigkeit, an der du gerne arbeiten würdest? Was lernt man, wenn man gegen Gegner spielt, bei denen man merkt, dass die wirklich stark sind? An welcher Stelle will man sich da eine Scheibe abschneiden?

"Ein großer Punkt ist die Konstanz. Spielen können alle auf der Main Tour. Aber die Top-Leute stehen nicht umsonst da, wo sie sind. Ein oder zwei Frames kann man gegen sie zwar immer gewinnen. Aber je länger die Matches werden, desto schwerer wird es, gegen diese Spieler zu gewinnen. Weil sie auf Dauer einfach weniger Fehler machen und wenn sie sie machen, können sie gut damit umgehen. Wenn ich zum Beispiel in einem Match ganz gut dabei bin, aber es schleicht sich irgendwann ein Fehler ein, hat das meistens schwerwiegendere Folgen. Und bei den Top-Leuten ist es so, dass sie ein Fehler machen und dann genau da weitermachen, wo sie aufgehört haben - also wieder ohne Fehler in den nächsten Frames. Diese Konstanz und die Fähigkeit, Fehler verarbeiten zu können - das ist sicher eine der größten Baustellen. Und das ist auch das, was die Top-Leute von den anderen Spielern unterscheidet."

Gibt es ein Ritual - oder wie versuchst du, in solchen Momenten besser zu werden? Ich würde es mir so vorstellen, dass man sich mental irgendwie einredet, dass es egal ist, was passiert. Aber das ist natürlich einfacher gesagt, als getan.

"Man darf nicht daran denken, in welcher Situation man gerade ist, oder wie wichtig ein Ball gerade ist, welche Folgen es haben könnte, wenn man dies oder jenes macht. Am besten ist es tatsächlich, wenn man so wenig wie möglich denkt - und keine Erwartungen hat, sondern nur positiv überrascht ist, wenn etwas gut läuft. Weil andernfalls setzt man sich nur unter Druck und ist nicht mehr locker. Und diese Lockerheit braucht man am Tisch. Diese Lockerheit sieht man zum Beispiel bei O'Sullivan sehr gut. Und dementsprechend spielt er die Bälle auch. Das ist natürlich schwierig umzusetzen, da es um sehr viel geht. Man muss jedoch so spielen, als würde es um nichts gehen."

Lukas Kleckers möchte auch in den kommenden Jahren auf der Main Tour spielen.
Lukas Kleckers möchte auch in den kommenden Jahren auf der Main Tour spielen.wst.tv

Das spiegelt sich dann auch in seinem Charakter wider, denn ihm scheint es ja wirklich egal zu sein.

"Genau."

Hast du dir irgendwelche spezifischen Ziel für die nächsten 1-2 Jahre gesetzt - oder siehst du es eher entspannt?

"Ich weiß, es ist alles möglich. Primärziel ist es, auf der Tour zu bleiben. Letztes Jahr habe ich es bei einem Turnier ins Viertelfinale geschafft, das war schon ein sehr gutes Ergebnis. Ich traue mir sehr viel zu, ich weiß aber auch, dass alles passieren kann in dem Sport. Ich beschäftige mich daher relativ wenig mit Erwartungen. Natürlich hat man irgendwo Ziele, man träumt vielleicht davon, ein Turnier zu gewinnen. Aber eigentlich will ich nur den nächsten Ball gut spielen und schauen, was das Ergebnis davon ist."

Das ist ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für deine Zeit, Wir werden dir auf jeden Fall folgen und wünschen dir für die nächste Zeit alles Gute.