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Luxus-Kader in Fesseln? Wie Bondscoach Koeman ein talentiertes Oranje-Team vergeudet

Ronald Koeman ist seit Ende 2022 wieder niederländischer Nationaltrainer.
Ronald Koeman ist seit Ende 2022 wieder niederländischer Nationaltrainer.Yannick Verhoeven, Parallax Pictures / Alamy / Profimedia
Die niederländische Nationalmannschaft steht vor einem Paradoxon. Selten war ein Oranje-Kader so gespickt mit Talent, Tiefe und internationaler Klasse wie dieser. Doch je länger Ronald Koeman an der Seitenlinie steht, desto kleiner wirkt die Hoffnung, dass die „Elftal“ bei der kommenden Weltmeisterschaft mehr als Statistenrollen spielen wird.

Virgil van Dijk, Matthijs de Ligt, Micky van de Ven, Nathan Aké, Frenkie de Jong, Xavi Simons, Cody Gakpo – die Liste liest sich wie eine Wunschelf in Football Manager. Defensiv- und Mittelfeldqualität, wie sie selbst die goldenen Oranje-Jahrgänge nur selten hatten.

Und doch schleicht sich Ernüchterung ein. Nicht, weil die Spieler versagen würden, sondern weil Koeman es nicht schafft, ihre Stärken in ein mutiges, modernes System zu gießen.

Hoffnungsschimmer gegen Spanien

Sein größter Moment im zweiten Amtsantritt kam, als er durch eine Verletzung von Denzel Dumfries gezwungen war, umzudenken. Mit Jeremie Frimpong als klassischem Außenspieler und Lutsharel Geertruida, der ins Mittelfeld rückte, entwickelte Oranje plötzlich Dynamik, Tempo, Variabilität.

Gegen Spanien hielt man mit, schrammte unglücklich am Weiterkommen in der Nations League vorbei. Und doch war es ein wichtiger Fingerzeig, dass mehr möglich wäre.

Zum Match-Center: Spanien vs. Niederlande

Doch statt diesen Mut zu konservieren, griff Koeman zum Rückwärtsgang. Kaum war Dumfries wieder fit, kehrte er zu seiner altbackenen Doppel-Sechs zurück. Das Ergebnis: ein schwerfälliges 2:0 gegen Finnland, ein biederes 1:1 gegen Polen und eine Rückkehr der Eindimensionalität.

Koemans größtes Problem ist nicht mangelndes Fachwissen, sondern seine Unbeweglichkeit. Gegen Litauen vertraute er auf Routiniers wie Stefan de Vrij und Nathan Aké – beide über 30, beide mit wenig Spielpraxis – und ließ formstarke Talente wie Jurrien Timber außen vor.

Im Angriff saß mit Wout Weghorst lediglich ein Auslaufmodell auf der Bank, während junge Stürmer wie Mexx Meerdink oder Emanuel Emegha weiter auf eine Chance warten.

Die Quittung: eine fast peinliche Blamage gegen Litauen, als Oranje eine 2:0-Führung verspielte und sich nur mit Ach und Krach zu einem 3:2 rettete. Weghorst blieb dabei ebenso unauffällig wie die Idee, die sich Koeman für dieses Spiel wohl ausgedacht hatte.

Koeman entdeckt keine Spieler. Er wartet, bis sie so stark in ihren Vereinen sind, dass er sie nicht mehr ignorieren kann. Ryan Gravenberch musste erst bei Liverpool explodieren, bevor er berücksichtigt wurde. Sem Steijn brauchte einen Transfer zu Feyenoord und die Kapitänsbinde, um ins Blickfeld zu rücken. Initiative? Fehlanzeige.

Damit beraubt Koeman Oranje der Möglichkeit, frischen Wind zu nutzen, Überraschungsmomente zu kreieren und Spieler frühzeitig auf internationales Niveau zu heben. Stattdessen vertraut er auf Verlässlichkeit, selbst dann, wenn sie längst in Mittelmaß kippt.

Die bittere Wahrheit: Koeman wird mit der Niederlande zur WM fahren. Siege gegen Malta, Finnland und Litauen, ein Punkt gegen Polen, das reicht für die Qualifikation, notfalls über die Playoffs. Er ist nicht inkompetent genug, um abserviert zu werden, aber auch nicht inspirierend genug, um das Potenzial dieses Teams auszuschöpfen.

Die große Angst der Fans ist daher mehr als berechtigt: Oranje hat eine Generation beisammen, die den ganz großen Wurf möglich machen könnte. Doch solange Koeman ihre Stärken mit Sturheit, Nostalgie und taktischer Behäbigkeit fesselt, bleibt der WM-Traum genau das – ein Traum.

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