Schalke Kader 22/23 Analyse: Vorschau 2. Bundesliga – ist der Aufstieg möglich?

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Mission Aufstieg: Schalke 04 ist bereits fürs nächste große Abenteuer
Aktualisiert
Eine beeindruckende Choreo der Schalker Fans
Eine beeindruckende Choreo der Schalker FansProfimedia
Schalke 04 ist kein gewöhnlicher Bundesliga-Absteiger. Nur wenige Vereine in Deutschland bringen die Massen so zuverlässig zum Jubeln, Jammern und Mitfiebern wie S04. In Gelsenkirchen scheint man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben – und visiert, wie bereits vor zwei Jahren, den sofortige Rückkehr ins Oberhaus des deutschen Fußballs an. Zusammen mit euch werfen wir einen Blick auf den königsblauen Kader für die Saison 2023/24.

Schalkes Testspiel-Ergebnisse im Überblick:

vs. Spelle-Venhause 3:0

vs. 1. FC Bocholt 2:2

vs. FC Kopenhagen 0:2

vs. Gornik Zabrze 5:0

vs. Twente Enschede 2:2

Rückblick: Emotionale Saison ohne Happyend

Obwohl die Bundesliga-Saison 2022/23 rein zahlenmäßig die zweitschlechteste seit Einführung der 3-Punkte-Regel 1995/96 war, wird sie einem Großteil des königsblauen Anhangs in bester Erinnerung bleiben. Im Ruhrgebiet lebt man für die großen Emotionen – Gefühlschaos und dramatische Szenen hatten sich im Vorjahr passenderweise schon im Vorverkauf eine Dauerkarte für die Arena auf Schalke gesichert. 

Eine emotionale Saison endete mit dem erneuten Abstieg Richtung 2. Liga
Eine emotionale Saison endete mit dem erneuten Abstieg Richtung 2. LigaAFP

Sportchef Rouven Schröder suchte lange einen neuen Trainer, ehe er schließlich notgedrungen Frank Kramer aus dem Hut zauberte. Ein Schwabe im Pott? Das wollte einfach nicht funktionieren. Statt elf Spielern bekam Schalke elf Angsthasen zu sehen.

Kramer scheute das Risiko, unter ihm kesselte sich die Mannschaft vorzugsweise im eigenen Strafraum ein. Nach nur einem Sieg aus den ersten zehn Bundesliga-Spielen und einer peinlichen 5:1-Niederlage im DFB-Pokal gegen Hoffenheim war offiziell Schluss für Kramer. 

Die anschließende Trainersuche gestaltete Schröder nur teils selbst mit: “Aus privaten Gründen” zog er sich im Oktober 2022 zurück, Vorstandsmitglied Peter Knäbel übernahm dessen Rolle interimistisch und stellte – auf etwas kuriose Weise, Stichwort: Urlaubsbekanntschaft – Thomas Reis als neuen Cheftrainer vor. Der war erst wenige Wochen zuvor beim Lokalrivalen VfL Bochum entlassen worden, zu Schalke passte Reis aber wie die Faust aufs Auge. Und tut es auch in der 2. Bundesliga noch.

Thomas Reis brachte die richtige Mentalität zurück nach Gelsenkirchen
Thomas Reis brachte die richtige Mentalität zurück nach GelsenkirchenProfimedia

Längst galt man als abgestiegen. Doch mit mutigen Ansagen, Malocher-Mentalität und viel Kampfgeist verschaffte Reis den Schalkern neues Selbstvertrauen. Die Fans ritten wochenlang auf der Euphoriewelle, träumten vom Wunder Klassenerhalt. Sensationelle Auswärtsreisen mit abertausenden Anhängern, bemerkenswerte Choreografien und einmalige Aufholjagden vor eigenem Publikum waren die Folge.

In der Rückrunde blieben die Knappen acht Spiele hintereinander ungeschlagen, legten eine bemerkenswerte Serie von vier 0:0-Spielen in Folge hin. Wenngleich der Versuch unbelohnt blieb, kämpfte Schalke bis zum letzten Spieltag um den Bundesliga-Verbleib. Ein Achtungserfolg, der den leidgeplagten Fans auch für die neue Saison frischen Mut verleiht.

Dass die Zeichen recht früh auf Abstieg standen, nutzte das Präsidium, um sich gewissenhaft auf den Worst Case vorzubereiten. Finanzielle Altlasten wurden abgebaut, die wichtigen Winter-Neuzugänge Moritz Jenz, Tim Skarke und Michael Frey kamen vernünftigerweise bloß per Leihe. Ihre sportliche Qualität wird 2023/24 schmerzlich vermisst werden – deren Gehaltswünsche kann man in Gelsenkirchen zurzeit aber kaum erfüllen.

Spieler der Qualität von Moritz Jenz sind für Schalke in der 2. Liga nicht verfügbar
Spieler der Qualität von Moritz Jenz sind für Schalke in der 2. Liga nicht verfügbarProfimedia

"Wir wollen aufsteigen, das haben wir klar geäußert", hat der ehemalige Chefscout und neue Sportdirektor André Hechelmann bereits selbstbewusst verkündet. Doch weiß man auch, wie eng es in der 2. Bundesliga zugeht, wie hart die Sitten dort sind. Also bastelte man mit Feuereifer an einem Kader, der dank Qualität in der Breite als auch in der Spitze in der kommenden Spielzeit absoluter Topfavorit auf Platz eins sein dürfte.

Ein neuer Kapitän

Simon Terodde (35) avancierte in der Aufstiegssaison 2021/22 mit 30 Treffern in ebenso vielen Spielen und einem amüsanten TV-Interview, Stimmbruch inklusive, nach der fixierten Rückkehr ins Oberhaus zur königsblauen Ikone. Obwohl er seinen Abschied im Sommer 2023 bereits bekannt gegeben hatte – einigte er sich mit Schalke überraschenderweise auf einen neuen Vertrag und eine weitere Spielzeit in Gelsenkirchen.

Terodde wird als Latzas Nachfolger künftig die Kapitänsbinde tragen, seinen Platz an der Sturmspitze teilt er sich wohl mit Reis-Liebling Sebastian Polter (32). Beide sind klassische Mittelstürmer, die das richtige Format für die 2. Liga mitbringen.

Ersatz für Zalazar wurde schon gefunden

Verabschieden musste sich Schalke von Rodrigo Zalazar. Mit seiner Übersicht und seiner Spielstärke schaffte es “Rodri” bis zum uruguayischen Nationalspieler. Braga ließ sich seine Dienste laut Medienberichten bis zu 5 Millionen Euro kosten. Ersatzweise wurde Lino Tempelmann (24) vom SC Freiburg verpflichtet.

Dessen technische Fähigkeiten reichen zwar nicht an jene von Zalazar heran – in den vergangenen zwei Jahren sammelte Tempelmann aber bereits etliche Zweitliga-Erfahrung. 62-mal stand er für den 1. FC Nürnberg auf dem Platz, stets als Stammspieler. Tempelmann ist vorwiegend für seine Laufstärke bekannt, 22/23 kam er auf durchschnittlich 10,6 gelaufenen Kilometer pro Spiel. 

Neben Tempelmann könnte in einer 4-1-4-1–Formation auch der erst 17-jährige Assan Ouedraogo (17) erste Lorbeeren im Profifußball sammeln. Ouedraogo ist jederzeit für einen tödlichen Pass gut, findet im Dribbling stets außergewöhnliche Fähigkeiten und lässt so manches Gelsenkirchener Herz Freudensprünge vollführen. 

Im Trainingslager im österreichischen Mittersill stieg Thomas Reis aber auf die Euphoriebremse und erklärte: "Man sieht, welche Qualitäten er hat. Aber es wäre trotzdem schön, wenn man das behutsam macht."

Königstransfer Schallenberg

Gute Chancen auf Einsätze dürfen sich auch Danny Latza (33) und Paul Seguin (28) ausrechnen. Auf der Sechser-Position ist Königstransfer Ron Schallenberg (24) gesetzt. 

Für die Dienste von Ron Schallenberg griff S04 tief in die Geldtasche
Für die Dienste von Ron Schallenberg griff S04 tief in die GeldtascheProfimedia

Für den ehemaligen Paderborner wäre wohl auch die Tür Richtung Bundesliga offen gestanden – doch nachdem Sportdirektor André Hechelmann und Thomas Reis immer wieder um seine Dienste geworben hatten, entschied er sich für den Wechsel zu S04: “Hier in der Arena werden gewonnene Zweikämpfe manchmal gefeiert wie ein Tor. Das könnte passen!”, ließ der kompromisslose Abräumer nach seinem 2-Millionen-Wechsel verkünden. Wie Tempelmann konnte sich Schallenberg schon in Kindheitstagen mit Schalke identifizieren.

Kaminski und Baumgartl wieder vereint

Eine Reihe dahinter ist Marcin Kaminski (31) gesetzt. Seine Stärken im Spielaufbau und seine intelligente Zweikampfführung prädestinieren den Linksfuß für einen Stammplatz in der Innenverteidigung. Der Pole ist seit 2021 im Verein und ist erster Kapitän nach Simon Terodde. Um den Platz neben ihm stritten sich bis zuletzt Ibrahima Cisse (22), Leo Greiml (22) und Henning Matriciani (23).

Cisse befindet sich nach einer starken Vorbereitung und eines überaus erfolgreichen U23-Afrika-Cups mit Mali vermutlich in der Pole-Position. Er wurde in die Mannschaft des Turniers gewählt, Sportvorstand Peter Knäbel höchstpersönlich hatte ihn bei den Spielen in Marokko beobachtet. Greiml erlitt eine schwere Knieverletzung, fällt mit einem Kreuzbandriss für mehrere Monate aus. 

Für neue Dynamik sorgte die Verpflichtung von Timo Baumgartl. Auf den Schultern des 27-Jährigen ruhen große Hoffnungen. Nach seinem ablösefreien Wechsel von PSV Eindhoven äußerte sich Thomas Reis begeistert über dessen Fähigkeiten: "Er ist ein absoluter Leadertyp. Er kann den jungen Spielern definitiv helfen, um noch besser zu werden. Er hat einen guten Spielaufbau. In erster Linie sage ich auch immer: Ein Verteidiger muss verteidigen können. Er ist kopfballstark, ist sehr, sehr gut im In-Fight – und das sind die Dinge, wo wir uns sehr viel davon versprechen."

Abwehrkollege Kaminski kennt Baumgartl bestens, beim VfB Stuttgart standen die beiden ganze 2.998 Pflichtspielminuten gemeinsam auf dem Rasen. Für den Saisonauftakt gegen den Hamburger SV dürfte er aber noch keine Alternative sein.

Torwart, Außenverteidigung: Solide Lösungen

Auf den defensiven Außenbahnen kann man weiterhin auf Cedric Brunner (29) und Thomas Ouwejan (26) setzen. Brunners robuste Spielweise und Ouwejans präzise Flanken – insofern beide fit bleiben – könnten in der 2. Bundesliga wesentlich besser zur Geltung kommen als eine Etage höher.

Für die Position im Kasten verstärkte man sich mit Marius Müller (30) vom FC Luzern. Sein Back-up ist Vereinslegende Ralf Fährmann (34), auch Michael Langer (38) befindet sich weiterhin im Kader.  

Marius Müller wurde für eine Ablöse von 350.000 Euro vom FC Luzern verpflichtet
Marius Müller wurde für eine Ablöse von 350.000 Euro vom FC Luzern verpflichtetProfimedia

Offensiver Flügel als Problemzone

(Kleine) Sorgen machen muss sich Thomas Reis allein auf der offensiven Außenbahn. Kenan Karaman (29) hat am rechten Flügel gute Figur gemacht und in den Vorbereitungsspielen mit seinem Torriecher überzeugt. Neuzugang Bryan Lasme (24, Arminia Bielefeld) könnte für mehr Tempo sorgen als Karaman.

Allerdings ist Thomas Reis von Lasmes Qualitäten noch nicht überzeugt. Nach einem Testspiel gegen den FC Kopenhagen (0:2) zog Reis Zwischenbilanz. Man wisse, dass "Bryan jetzt nicht der technisch Stärkste ist“. Aber: Genau dort wolle man "ihn hinführen."

Trotz etwaiger technischer Mängel erzielte Lasme für Bielefeld in einer komplizierten Saison 7 Treffer in 32 Spielen
Trotz etwaiger technischer Mängel erzielte Lasme für Bielefeld in einer komplizierten Saison 7 Treffer in 32 SpielenProfimedia

Soichiro Kozuki (22) ist nach einer schweren Sprunggelenksverletzung wieder bereit für die Herausforderungen des Profifußballs. Gerüchten zufolge arbeitet man in Gelsenkirchen zudem an einer Rückholaktion von Tim Skarke.

Verkraftet werden muss der Abgang von Topscorer Marius Bülter (11 Treffer in der abgelaufenen Bundesliga-Saison). Auf der linken Seite steht einstweilen nur Tobias Mohr (27) zur Verfügung. Der konnte sich in der abgelaufenen Saison aber auf Schalke nie wirklich durchsetzen.

Fazit: Aufstieg definitiv möglich

34 Spieltage, harte Konkurrenz, immenser öffentlicher Druck: Wenngleich Schalke 04 alle Möglichkeiten hat, sofort in die Bundesliga zurückzukehren, ist der direkte Wiederaufstieg keineswegs beschlossene Sache.

Ein neuer Spieler für die Außenbahn und eventuell ein weiterer erfahrener Innenverteidiger könnten den Königsblauen die nötige Qualität und Quantität verleihen, damit die ambitionierte Mission tatsächlich gelingen kann.

Zum Match-Center: Hamburger SV vs. Schalke 04

Alle Transfers in der Übersicht

Neuzugänge:

Marius Müller (Luzern, 350.000 Euro), Lino Tempelmann (Freiburg, 700.000 Euro), Ron Schallenberg (Paderborn, 2 Millionen Euro), Paul Seguin (Union Berlin, 750.000 Euro), Bryan Lasme (Bielefeld, ablösefrei), Timo Baumgartl (Eindhoven, ablösefrei);

Florian Flick (Rückkehr Leihe), Beldni Idrizi (Rückkehr Leihe);

Assan Ouedraogo (Jugend), Keke Topp (Jugend);

Abgänge:

Marius Bülter (Hoffenheim, 3 Millionen Euro), Rodrigo Zalazar (Braga, 5 Millionen Euro);

Amine Harit (Marseille, zuletzt verliehen, 5 Millionen Euro), Marvin Pieringer (Heidenheim, zuletzt verliehen, 1,8 Millionen Euro), Jordan Larsson (Kopenhagen, zuletzt verliehen, 2 Millionen Euro), Dries Wouters (Lommel, zuletzt verliehen, 600.000 Euro), Can Bozdogan (Utrecht, zuletzt verliehen, 1 Millionen Euro)

Nassim Boujellab (Bielefeld, zuletzt verliehen, ?), Reinhold Ranftl (Austria Wien, zuletzt verliehen, ?), Kerim Calhanoglu (Fürth, zuletzt verliehen, ?);

Maya Yoshida (vereinslos), Timothee Kolodziejczak (vereinslos);

Eder Balanta (Leihende), Moritz Jenz (Leihende), Tim Skarke (Leihende), Michael Frey (Leihende), Jere Uronen (Leihende), Sepp van den Berg (Leihende), Alex Kral (Leihende), Alexander Schwolow (Leihende), Tom Krauß (Leihende);