Siegemund überzeugte in Wuhan einmal mehr mit taktischer Klugheit und Nervenstärke. In beiden Sätzen lag sie zunächst 1:3 zurück, blieb aber ruhig, variierte Tempo und Rhythmus und nutzte Frechs Schwächen beim zweiten Aufschlag konsequent aus.
Im entscheidenden Tiebreak dominierte sie klar: Es war Ausdruck jener Gelassenheit, die sie in diesem Tennisherbst stark macht. Nun wartet mit Coco Gauff möglicherweise eine der größten Prüfungen ihrer späten Karriere.
Wimbledon 2025 als Siegemunds Meisterstück
Der Erfolg in China ist kein Zufall, sondern Fortsetzung einer Saison, in der Siegemund Tennis-Deutschland überrascht. Bereits in Wimbledon hatte sie als älteste Debütantin der Open Era ein Viertelfinale erreicht. Ein historischer Coup, der ihr weltweite Anerkennung einbrachte.
Dort besiegte sie unter anderem Madison Keys, führte gegen Aryna Sabalenka sogar mit Break im dritten Satz, ehe sie knapp ausschied. Trotz der Niederlage sprach sie von ihrem „vielleicht besten Tennis überhaupt“.
Dass sie auf Rasen, Hartplatz und Sand gleichermaßen überzeugt, liegt an einem klaren Konzept: Weniger Turniere, gezieltere Vorbereitung, mehr Fokus auf Regeneration. Nach ihrem Kreuzbandriss 2017 lernte Siegemund, auf ihren Körper zu hören, und spielt seither variabler denn je.
Ihre Mischung aus Stopps, Slices und Tempowechseln ist auf der Power-dominierten Tour eine Ausnahmeerscheinung – und gerade deshalb so wirkungsvoll.
Wuhan-Viertelfinale gegen Gauff
Ihr Erfolg speist sich auch aus mentaler Reife. Als ausgebildete Psychologin versteht sie ihr eigenes Denken vielleicht besser als jede Gegnerin. Fehler analysiert sie schonungslos, doch anstatt sich davon lähmen zu lassen, zieht sie Energie daraus. „Ich habe diesen Hang zum Perfektionismus“, sagte sie nach Wimbledon, „aber manchmal muss man einfach stolz sein auf das, was man erreicht hat.“
Unterstützt wird sie dabei von ihrem Partner und Trainer Antonio Zucca, mit dem sie seit 2017 ein enges Team bildet. Die Verbindung aus Vertrauen und professioneller Distanz scheint zu funktionieren. Ihre Erfolge im Doppel, darunter der Mixed-Titel bei den French Open 2024, zeugen zudem von ungebrochener Spielfreude.
Ob der Höhenflug weitergeht, bleibt offen. Doch selbst wenn in Wuhan gegen Gauff Endstation sein sollte: Laura Siegemund hat in diesem Jahr bewiesen, dass Tennis kein Alter kennt.
Zum Match-Center: Laura Siegemund vs. Coco Gauff